Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 26. (1973)

WELTIN, Max: Kammergut und Territorium. Die Herrschaft Steyr als Beispiel landesfürstlicher Verwaltungsorganisation im 13. und 14. Jahrhundert

Kammergut und Territorium 43 vor, Verschreibungen, die bei einer etwaigen kópiáién Überlieferung im­mer in Erwägung zu ziehen sind, werden dadurch nicht sehr wahrschein­lich. Die „hofmarchia“ ist zudem der entscheidende Rechtsausdruck in Artikel 1; daß ausgerechnet hier der Schreiber geirrt haben sollte, ist kaum glaubhaft. Wir werden also besser fragen, was mit der „hofmarchia“ gemeint sein kann. Es wurde oben ausgeführt, daß die „civitas“ sich zum Zeitpunkt der Abfassung des Stadtrechtes mit der Herrschaft deckte und daß der „iudex civitatis“ auch der Burggraf gewesen ist. Dieser „iudex civitatis“ sollte nun die in einer Hofmark vorkommenden Blutfälle an ein anderes Land­gericht ausliefern. Diese Hofmark ist, wie ja auch schon der Name sagt, dadurch eindeutig als Niedergerichtsbezirk ausgewiesen 228). Im Zusam­menhang mit der Herrschaft Steyr taucht der Ausdruck „Hofmark“ erst­malig in der Nota inquisicionis auf: es heißt dort, daß Berthold Preu- hafen einen Hof innehabe, „contulit sibi rex Bohemie et pertinet ad hof- marchiam“ 229 230 231). Diese Formulierung erinnert an ähnliche im Lehenbuch Herzog Albrechts III., wo z. B. steht: „item ein lehen auf dem Agsenperg (Exenberg Ortsgemeinde Wartberg) in Wartberger pharr, gelegen in der hofmarich“ 23°). Zum rechtlichen Unterschied — einmal gehört das Objekt zur Hofmark, einmal liegt es in derselben — werden wir uns später äußern: wir halten zunächst fest, daß noch 1380 genau angegeben wird, wenn ein zur Herrschaft Steyr gehöriges Objekt in der Hof mark gelegen ist. Es läßt sich jetzt unschwer nachweisen, daß sämtliche Liegenschaften, die 1380 als in der Hofmark gelegen bezeichnet werden, sich auf einen Raum verteilen, der im Urbar von 1325 als „oberes und niederes Amt Hall bezeichnet wird“ 2S1). Hier darf auch ausnahmsweise eine spätere Quelle herangezogen werden: noch in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts 228) Deutsches Rechtswörterbuch 5 (Weimar 1953—1960) Sp. 1286: „Hofmark: Niedergerichtsbezirk in Baiern.“ In völliger Verkennung der Einmaligkeit des Artikels 1 des Steyrer Stadtrechts gibt das Rechtswörterbuch unter Hinweis auf diesen als zweite Möglichkeit an „Hofmark: Gebiet einer Stadt in ihrem Um­kreis.“ K1 e b e 1 Studien 31 unterscheidet 3 mit Gerichtsbarkeit begabte Gebiets­körper in Bayern: 1. Herrschaft, 2. Hofmark, 3. Dorfgericht, Burgfried. Haupt­unterschied zwischen Hof mark und Dorfgericht: der Landrichter darf die Hof- mark nicht betreten. Ebenda 41: Burgfried: wenn Städte die vollständige nie­dere Gerichtsbarkeit in einem geschlossenen Gebiet besitzen. 229) LFU 1/1 247 n. 2; vgl. auch AÖG 2 552: „Item anno predicto (1314) obligavit dux iuniori de Losenstein pro suis serviciis versus Renum IX talenta redditum in Hofmarchia pro XXX libris den. Wienn. tamdiu etc.“ 230) UBOE 10 729. 231) LFU 1/1 321 ff. So ist im oberen Amt eine Besitzmassierung um die Ortschaften Möderndorf, Feyregg, Hehenberg, Diepersdorf, Natzberg und Pen­zendorf, im niederen Amt um die Ortschaften Krottendorf, Haselberg, Mengers­dorf, Hilbern, Pesendorf und Adlwang zu beobachten. Bei Lagebezeichnungen „gelegen in der Hofmark“ im Lehenbuch liegen die Objekte zum größten Teil innerhalb derselben Gemeinden.

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