Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 26. (1973)

WELTIN, Max: Kammergut und Territorium. Die Herrschaft Steyr als Beispiel landesfürstlicher Verwaltungsorganisation im 13. und 14. Jahrhundert

Kammergut und Territorium 39 1319 noch öfters mit dem des Richters, wobei es scheint, daß dabei Ange­legenheiten, die die Stadt, und solche, die die Herrschaft betrafen, berück­sichtigt worden sind 207). Während sich bei der Lage der Objekte das Auseinanderfallen von Stadt (begrenzt durch den Burgfrieden) und Herr­schaft anzubahnen beginnt, behält der jeweilige landesfürstliche Repräsen­tant in der Herrschaft seine Doppelstellung bei. Bei einer Seelgerätstiftung für Garsten (es handelt sich um eine Hube „im Erlech“ bei Dambach, OG Aschach), die als ein „unversprochenes Lehen von des Landes Herrn“ be­zeichnet wird, erfolgt diese mit des „oberisten purchgroven hant, herrn Gotschalchs ze denselben Zeiten gewaltiger richter ze Steyr“ 208). 1321 sie­gelt Gottschalk als „richter, der do phleger was von des fuersten wegen von Österreich“ 209). 1325 wird eine weitere Neuerung ersichtlich: die Doppelstellung des Pfleger-Richters ist beendet. Am 6. Dezember 1325 beurkundet Otto Scheck, Burggraf von Steyr, daß Niklas der Stier, ein Steyrer Bürger, eine Hube in der Pfarre Dietach an Garsten gegeben habe 21°). Am selben Tag stellt in der nämlichen Angelegenheit der Richter Gottschalk von Steyr ebenfalls eine Urkunde aus 211). Jetzt war in Steyr der Zustand erreicht, der sich auch in den folgenden Jahrhunderten nicht mehr ändern sollte: in der Burg Steyr saß als Treuhandverwalter der Herrschaft ein Burggraf oder Pfleger; die durch den Burgfrieden begrenzte Stadt besaß jetzt einen eigenen Richter, der ausschließlich für die Vorkommnisse innerhalb des­selben zuständig gewesen ist212). Bevor wir jetzt die weitere organisatorische Entwicklung verfolgen, gehen wir nochmals in das 13. Jahrhundert zurück, um zu einem bis jetzt bewußt ausgeklammerten Problem Stellung zu nehmen: zum Stadtrecht von Steyr von 1287. Bisher hat sich meines Wissens nur Michael Mitterauer eingehender mit dem Steyrer Stadtrecht beschäftigt213). Er geht dabei von dem bekannten 207) XJBOE 5 106: (1313) Pfleger (landesfürstliches Lehen); 112: (1313) Richter (Rechtsqualität des Objektes nicht ersichtlich); 122 f: (1314) Richter (Objekt liegt bei der Kirche in Steyr); 189 f: (1317) Richter (Objekt könnte Inwärtseigen der Herrschaft sein!); 249: (1320) Burggraf und Richter (Objekt ist landesfürstli­ches Lehen). 208) XJBOE 5 249. 20») Ebenda 289. 210) Ebenda 441. 211) Ebenda 440. 212) So kann man etwa den fehlenden Burgfried der Stadt Reichenhall dar­an erkennen, daß dem Pfleger noch 1606 die Besiegelung gebührte: Ernst Kle­be 1 Studien zum historischen Atlas von Bayern in Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte 3 (1930) 37. 213) Mitterauer Zollfreiheit 256ff; zu Mitterauers Habilitationsschrift ist vor allem die — negative — Rezension von Franz Irsigler in Rheinische Vierteljahrsblätter 35 (1971) 495 ff zu vergleichen, der sich gegen die von Mitter­

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