Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 26. (1973)
WELTIN, Max: Kammergut und Territorium. Die Herrschaft Steyr als Beispiel landesfürstlicher Verwaltungsorganisation im 13. und 14. Jahrhundert
38 Max Weltin liehe Ämter betrifft, wird klar, daß er dieselbe Stelle in der Herrschafts- Verwaltung einnimmt, wie vorher die babenbergischen Oberoffiziale und der „capitaneus civitatis“ und wie dann im 14. Jahrhundert die landesfürstlichen Burggrafen. Diese Position des „iudex“ ist ein Novum. Zwar lassen sich seit Ende des 12. Jahrhunderts in Steyr gelegentlich Richter nachweisen '"), doch ist nach alldem, was über die Verhältnisse in der Herrschaft bis zur Habsburgerzeit wahrscheinlich gemacht werden konnte, kein Zweifel, daß sich diese nicht mit dem iudex der Herzogin Elisabeth gleichsetzen lassen. Bei den Richtern des späten 12. und des 13. Jahrhunderts dürfte es sich um die (niederen) Landrichter der Herrschaft handeln 200). Die Richtigkeit unserer Beobachtung hinsichtlich der burggräflichen Stellung des Richters von Steyr seit der Pfandschaft Herzogin Elisabeths läßt sich in der Folge urkundlich belegen. 1302 ist „Wernher der Richter von Steyr“ als letzter der Ritter Zeuge in einer Seelgerätstiftung des Marquard Preuhafen 201). 1304 läßt sich Spital/Pyhrn die Leibgedingsvergabung an einen Steyrer Bürger mit dem Siegel der Stadt und dem des Richters Peter Ponhalm bestätigen 202). Hier dürfte von seiten des Spitals dieselbe Intention vorliegen wie seinerzeit bei den Beurkundungen des „capitaneus civitatis“ Ulrich von Kapellen. Peter Ponhalm ist auch noch 1305 und 1306 bei Gar- stener bzw. Spitaler Betreffen als Richter von Steyr Zeuge 203). Peter Ponhalm liefert auch den direkten Beweis, daß er als Richter von Steyr der Herrschaftsverwalter ist: 1307 siegelt er als der „chuneginne von Rom phleger datz Steyr“ 204). 1309 siegelt Peter Ponhalm dann wieder nur als Richter 205), 1311, bei der Vergabe von Inwärtseigen, aber wieder als „ze denselben Zeiten pfleger ze Steyr“ 206). Der Titel des Pflegers wechselt bis Zeuge „Maister Dietrich der hertzoginne schreyber“ (das behandelte Objekt liegt bei Frauenstein, Ortsgemeinde Molln). Zur Pfandschaft der Königin Elisabeth vgl. Rudolf Büttner Die Burg der Herzogin in Unsere Heimat 36 (1965) 128 ff. is») UBOE 1 185: (zweite Hälfte 12. Jahrhundert) Oulricus iudex de Styra; UBOE 3 375, 392, 420 und AÖG 72 225: (1270—1275) Hiltprandus iudex Styrie. 2°°) Möglicherweise ist Ulrich mit dem etwa gleichzeitigen Ulrich preco identisch (UBOE 1 193; 2 426 f). Zu preco als Unterlandrichter vgl. Julius Strnadt Materialien zur Geschichte der Entwicklung der Gerichtsverfassung und des Verfahrens in den alten Vierteln des Landes ob der Enns in AÖG 97 (1909) 178 f. 2°i) UBOE 4 423: die als rechtes Eigen bezeichnete Hube „daz Swammarn“ (Schwaming, GB Steyr) ist wahrscheinlich Inwärtseigen der Herrschaft. a»2) AÖG 72 244 f. 203) UBOE 4 478, 500; AÖG 72 245. 201) UBOE 4 526: (1307 Juni 23) „... daz gut am Stainrigel gelegen am Sweinecke ... daz mein rechtsz chaufaigen waz ...“ dürfte Inwärtseigen gewesen sein. Vgl. LFU 1/1 282 n. 285 „auf dem Schweinsecke“, 300 n. 532 Steinrigel (Ortsgemeinde Molln und Ternberg). 205) UBOE 5 18 f. 206) UBOE 5 62: „...den hof an den Schachen, der do unser rechz aigen waz“ (Kunigundes von Egendorf); vgl. LFU 1/1 280 n. 270, 281 n. 284 „bei dem Schachen“.