Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 26. (1973)

WELTIN, Max: Kammergut und Territorium. Die Herrschaft Steyr als Beispiel landesfürstlicher Verwaltungsorganisation im 13. und 14. Jahrhundert

Kammergut und Territorium 31 1274 geht Ottokar, wohl als Reaktion auf die sich zuspitzende Lage nach der Königswahl Rudolfs, zu einer Straffung des Verwaltungssystems in Österreich über. Seit der ersten Hälfte dieses Jahres ist der Marschall von Böhmen, Burkhard von Klingenberg, als „capitaneus Anasi“ zu bele­gen 156 * 158). Daß Burkhard nicht Stadthauptmann von Enns, sondern „capi­taneus“ von Oberösterreich gewesen ist, hat bereits Zibermayr gese­hen 157). Klar geht dies auch aus der Streuung der Teilnehmer an einem Taiding in Steyr hervor, bei dem Burkhard den Vorsitz führte 158). Neben Konrad von Volkensdorf und Ulrich von Kapellen, den beiden Preu- hafen, Otto von Osterberg, During Scheck, den Kerschbergem und Kirschen- dorfern, also alles Zeugen, die bereits bei Irnfrieds Taiding 1273 anwesend waren, sind noch Ulrich von Lobenstein (GB Leonfelden), die Brüder During und Arnold Piber (Piberstein/Mühl viertel), ein Prüschenk aus dem Traun viertel (Priesching bei Marchtrenk), aus Nieder Österreich Konrad von Haag, die Brüder von Hagwald (Hochwall, GB Haag), von Zaucha (Zauch, GB Waidhofen), aus dem Garsten- und Steyrtal Gerung von Mosenik (Moserling, Gemeinde Edl- bach, GB Windischgarsten), Wülfing von Weinberg (vielleicht Gemeinde Schlier­bach, GB Kirchdorf), Joseph von Erphenhofen oder von Steyr (Epfenhofen, Gemeinde Gaspoltshofen, GB Haag/Hausruck) und aus Steyr noch ein Ponhalm sowie der „iudex Hiltprand“ als Teilnehmer angegeben. Neben Burkhard scheint 1275 und 1276 Heinrich von Kuenring als „capitaneus Austrie“ auf159 160): Es ist dies das erstemal, daß Ottokar in Österreich Landeshauptleute einsetzt. Ihre Hauptaufgabe war zweifellos die Schaffung einer geeigneten militärischen Basis für die drohende Auseinandersetzung mit König Rudolf. Im konkreten Falle Burkhards war dies die Sperre der voraussichtlichen Einfallsrichtung des Habsburgers durch die wichtige Festung Enns 16°). Als „capitaneus“ oblag ihm aber auch die „Zivilverwaltung“ wie vorher dem „iudex Austrie superioris“ bzw. dem Schreiber oder Prokurator von Enns. Da es sehr wahrscheinlich ist, daß Ottokar die Institution der „capitanei“ staufisch-sizilischen Vorbil­dern entnommen hat, standen wohl mit gewissen Abstrichen die Befug­nisse eines solchen Hauptmannes auch Burkhard zu. Das waren vor allem die Ein- und Absetzung der Offiziale, sowie die Verpachtung von Münzen Steiermark 1, 1897) 230 f hin. Unter diesem Aspekt wäre auch die Anwesenheit des „scriba ducis“ Heinrich von Merin in Steyr (um 1220) neu zu überdenken. Dazu zuletzt Zauner Babenbergerzeit 246. 156) FR A 2/3 158 (1274 Mai 3); Monumenta Boica (= MB) 29/2 (Monachii 1831) 515 f (1274 Dezember 11 Neuburg/Inn). isi) Zibermayr Noricum 444. 158) UBOE 3 419 f (1275 Januar 27 in castro Stirie). is«) Joseph H o r m a y r Wiens Geschichte und seine Denkwürdigkeiten 2 (Wien 1823) Urkundenbuch 8. 160) Ferdinand S t ö 11 e r Der Kampf um die südostdeutschen Herzogtümer 1276—1278. Eine Studie zur Kriegsgeschichte des Mittelalters in Mitteilungen des Vereines für Geschichte der Stadt Wien 11 (1931) 10 ff.

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