Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 26. (1973)

WELTIN, Max: Kammergut und Territorium. Die Herrschaft Steyr als Beispiel landesfürstlicher Verwaltungsorganisation im 13. und 14. Jahrhundert

24 Max Weltin landesfürstlicher Einnahmsquellen gewesen. Sein verhältnismäßig spätes Auftreten — immerhin war Ottokar bereits vierzehn Jahre österreichi­scher Herzog — wirft die Frage auf, welcher Leute sich Ottokar zur Bar­geldbeschaffung bediente, bevor er das Schreiberamt mit reichen Bürgern besetzte. Am Anfang der Habsburgischen Urbare stehen die Einkünfte aus den Regalien wie Münze, Maut und Gerichtllä). Aus der Art der Eintragungen geht hervor, daß mit Sicherheit die Gerichtsgefälle, wahrscheinlich aber auch die Mauten, verpachtet waren 116). Der gleiche Sachverhalt wird auch aus dem landesfürstlichen Urbar der Steiermark aus der Zeit Ottokars ersichtlich117). Obwohl diese Modalitäten der Regalienverwaltung schon lange vor Dopsch’s Urbaredition bekannt gewesen sind, hat meines Wissens noch nie jemand die Frage nach den Pächtern dieser Gerichte bzw. Mauten gestellt. Es liegt nahe, dabei an Juden zu denken: Schon das Wiener Stadtrecht von 1237 beinhaltet einen Artikel über den Ausschluß der Juden von den Ämtern, und 1251 bestätigt Ottokar Wiener Neustadt unter anderem auch diese, dem Wiener Stadtrecht entnommene Bestim­mung lls). Daß die Juden dabei nur einen Teil der Tätigkeit des mittel­alterlichen Amtmannes ausüben konnten, nämlich die Bereitstellung des vom Landesfürsten benötigten Bargeldes, ist klar. Dagegen war eine Aus­übung etwa des Stadtrichteramtes für einen Juden nicht möglich. Wenn wir deshalb 1257 die Juden Leubel und Nekelo als „comites camere illustrissimi ducis Austrie“ mit dem Bischof Konrad von Freising einen Vergleich eingehen sehen 119), wird deutlich, daß in diesem Titel nur die eine Komponente des mittelalterlichen Finanzfunktionärs, nämlich die Gefällspacht, eingeschlossen sein kann. Über die Tätigkeit dieser Kammer­grafen herrscht in der Literatur eher Unklarheit 12°), doch gestattet die im us) LFU 1/1 233 ff. u«) Z. B. ebenda 233: „Judicium de Laa potest locari pro quadringentis tal.“ usw. ni) Alfons D o p s c h Die landesfürstlichen Gesamturbare der Steiermark aus dem Mittelalter (Wien—Leipzig 1910) (= LFU 1/2) Einleitung 60. ii«) Dopsch Finanzverwaltung 296 und Gustav Winter Urkundliche Beiträge zur Rechtsgeschichte Ober- und Niederösterreichischer Städte, Märkte und Dörfer vom 12. bis zum 15. Jahrhundert (Innsbruck 1877) 9f Art. 3: „Ad hec catholici principis partes fideliter exequentes, ab officiorum prefectura iudeos excipimus, ne sub pretextu prefecture opprimant Christianos ...“ ii«) J. Zahn (Hg.) Codex Diplomaticus Austriaco-Frisingensis in FRA 2/31 (1870) 193 f (1257 Februar 18 Wien). 12°) Kluckhohn Ministerialität 215 f Anm. 3: Der Kammergraf versah möglicherweise die Funktion eines Unterkämmerers (?); Alfred Wretschko Das österreichische Marschallamt im Mittelalter (Wien 1897) 67 Anm. 122 hält sie für Münzbeamte; D o p s c h Finanzverwaltung 294, 326 will aus dem Vor­kommen der Kammergrafen auf eine Zentralisierung der Finanzverwaltung un­ter dem Kämmerer schließen, da dieser der oberste Chef der Kammergrafen gewesen sei.

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