Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 26. (1973)
WELTIN, Max: Kammergut und Territorium. Die Herrschaft Steyr als Beispiel landesfürstlicher Verwaltungsorganisation im 13. und 14. Jahrhundert
18 Max Weltin lieh der in einer ganz bestimmten Situation erfolgten Übertragung des dort bestehenden landesfürstlichen ,,ius“ an Dietmar von Steyr 84 85 *). Ottokar hätte diese Vereinbarung nach 1254 sicherlich rückgängig machen können, er war aber zunächst in der Herrschaftsverwaltung auf Dietmar angewiesen, der dort ja sicherlich über das notwendige niedere Verwaltungspersonal verfügt hat 8ä). Er hat den Verlust dafür auf andere Weise wettgemacht: Die Art und Weise dieser Kompensation gibt uns Gelegenheit, eine interessante Episode der Fünfzigerjahre des 13. Jahrhunderts näher zu beleuchten. In nahezu allen Arbeiten zur obderennsischen Geschichte ist die Ermordung des „scriba Anasi“ Witigo durch Ortolf von Volkensdorf im Speisesaal des Stiftes St. Florian erwähnt. Entsprechend der Eintragung in den Garstener Annalen hat man dieses Ereignis in das Jahr 1256 gesetzt. Welche Ursachen für den Totschlag maßgebend gewesen sein könnten, versuchte man erst in letzter Zeit zu klären. Die Motive Ortolfs schienen vor allem dadurch bedingt, daß administrative Maßnahmen Ottokars das volkensdorfische Landgericht in seinen Rechten gegenüber St. Florian schwer beeinträchtigten 8e). Die Urkunde, aus der dies hervorgehen soll, ist mit 27. März 1256 datiert87). Nun ist aber bisher unbeachtet geblieben, daß, worauf Stmadt hingewiesen hat, die betreffende Notiz in den Garstener Annalen nur aus Raummangel zu 1256 geschrieben worden ist und daß Witigo vielmehr am 6. Februar 1255 getötet wurde 88). Daraus ergibt sich aber ein geänderter Sachverhalt: Die Urkunde von 1256 kann nicht mehr in Beziehung zum Florianer-Mord gebracht werden, da die Volkensdorfer zu diesem Zeitpunkt bereits des Landes verwiesen waren 89). Wir werden nach anderen Ursachen suchen müssen. Wieder hilft uns dabei das unter Ottokar angelegte landesfürstliche Urbar: Bekanntlich sind darin ja erstmals die Ämter Urbar von 1491 (wie Anm. 81) ist noch ein Zinsbauer „Jacob am Rigel“ angeführt. Nichts Sicheres kann naturgemäß über die Rechtsqualität der von den Starhembergem um Losenstein innegehabten Objekte ausgesagt werden; vgl. Ernst K1 e b e 1 Territorialstaat und Lehen in Vorträge und Forschungen 5 (1958) 214. M) Daran würde auch eine — angenommene — Burghut der Gundakare in Losenstein nichts ändern. Die Allodifizierung und damit die Herrschaftsbildung ermöglichte erst der Vertrag von 1252. 85) Wie Anm. 103, 104. ®6) Zauner Gleink 90 f. 87) UBOE 3 255. 88) Julius S t r n a d t Erläuterungen zum Historischen Atlas der österreichischen Alpenländer 1/1 Landgerichtskarte (Wien 1917) 115. Eine Überprüfung des CVP 340 der Österreichischen Nationalbibliothek ergab die Richtigkeit der Beobachtung Strnadts. 8'J) MGH SS 9 600: „... nam ipse Ortolfus et Otto de Rore nepos ipsius et Ditricus frater sine spe ... redeundi profligati terram exeunt, castris suis omnibus ad humum prostratis ac bonis eorum omnibus confiscatis.“