Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 26. (1973)

WACHA, Georg: Die Korrespondenz des Kremsmünsterer Abtes Alexander a Lacu mit den bayerischen Herzogen

188 Georg Wacha dem durch Aufnahme in das Heilige Kollegium werde der Ernannte zum vertrautesten Ratgeber des Papstes berufen. In der Wahl dieser Ratgeber aber müsse das Oberhaupt der Kirche vollkommen frei sein 80). Am 11. September 1606, also unmittelbar bevor Abt Alexander von Kremsmünster seine Romreise antrat, war die erste große Kardinals­ernennung erfolgt — völlig unerwartet, auch die verschiedenen in Rom wirkenden Gesandten hatten davon vorher nichts erfahren. Acht neue Kar- dinäle wurden damals kreiert, fünf davon in Rom geboren, dazu kam ein Italiener, der neun Päpsten aufopfernd gedient hatte, ein Genuese und der französische Nuntius Maffeo Barberini, der später als Urban VIII. den päpstlichen Thron besteigen sollte. Die Bedächtigkeit Pauls V. brachte es mit sich, daß die schon früher erwartete nächste Kardinalsernennung sich bis zum 10. Dezember 1607 verzögerte* * * 87). Abt Alexander war also zu dieser Zeit schon länger als ein halbes Jahr in seine neue Heimat zurückgekehrt! Es war damals vom Papst beabsichtigt, den Wünschen der verschiedenen Fürsten zu genügen: Für Rudolf II. wurde der greise Erz­bischof von Gran, Franz Forgács, Primas und Großkanzler von Ungarn, ernannt — er stellte sich wenige Wochen später bei den Preßburger Ver­handlungen Matthias’ Wünschen entgegen 88) —, für Heinrich II. der Bi­schof von Clermont, Francois de Rochefoucault, für Philipp III. dessen Beichtvater, der Dominikanergeneral Jeronimo Xavier89), ferner der zwanzigjährige Ferdinando Gonzaga und der vierzehnjährige Manuzio von Savoyen. Im Jahre 1608 war wieder von einer neuen Promotion die Rede, die Gesandten drängten, erfuhren wieder keine Details und wurden von der Ernennung am 24. November 1608 überrascht: zwei Römer, dann der Datar Tonti, schließlich der Schatzmeister und der Geheimsekretär Pauls V. erhielten den Purpur. Neue Spekulationen tauchten 1609 und 1610 auf90), aber die Kardinalspromotion am 17. August 1611 kam dann doch — wie immer im Pontifikat Pauls V. — völlig unerwartet und schuf eine neue Lage im heiligen Kollegium, denn die elf neuen Mitglieder standen in naher Beziehung zur Familie Borghese. Die spanische Regie­rung war damit unzufrieden, im Reich konnte man im damals eingetrete­nen Endstadium des Bruderzwistes wohl nicht genügend Nachdruck hinter irgendeine Ernennung setzen. Und wieder vergingen mehrere Jahre bis zur nächsten Kardinalspromotion: Am 2. Dezember 1615 waren es zehn ®6) Ludwig Freiherr von Pastor Geschichte der Päpste im Zeitalter der katholischen Restauration und des Dreißigjährigen Krieges (Geschichte der Päpste seit dem Ausgang des Mittelalters °12, Freiburg—Rom 1959) 226. «) Ebenda 233. 88) Siehe dazu ausführlich Anm. 65. 89) Der Beichtvater Philipps III. sollte für einen Verwandten Abt Alexan­ders intervenieren; siehe oben S. 171 und Anm. 11. 90) Pastor Päpste 12 235 f Anm. 7 zitiert ein Avviso vom 22. Mai 1610, in dem verschiedene Kardinale genannt werden.

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