Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 26. (1973)
WELTIN, Max: Kammergut und Territorium. Die Herrschaft Steyr als Beispiel landesfürstlicher Verwaltungsorganisation im 13. und 14. Jahrhundert
Max Weltin dem Prädikat „de Stire“ kann keineswegs die burggräfliche Stellung seines Trägers erschlossen werden: es nennt sich nämlich nicht selten gleichzeitig eine ganze Reihe von Ministerialen nach Steyr26). Lediglich „Abrant de Stire“ wird manchmal „comes“ genannt; dies ließe eine Gleichsetzung mit Burggraf durchaus zu27). Am Beispiel Abrants zeigt sich aber, daß offenbar Angehörige mehrerer Familien einander im Burggrafenamt abgelöst haben. Als weiteres Indiz für diese Annahme kann auch Imbricho gelten, der sich zwischen 1185 und 1193 nach Losenstein, Pleß (GB Steyr) und Steyr nennt28). Ohne die verschiedenen Sitze Imbrichos zu berücksichtigen, wurde jüngst versucht, ihn der ritterlichen Mannschaft der Herren von Losenstein zuzuordnen, um auf diese Weise ein signifikantes Merkmal der „typischen Ministerialenherrschaft“ zu erhalten29). Wir werden unten Gelegenheit haben, zur Entstehung der Herrschaft Losenstein eingehend Stellung zu nehmen; hier sei nur soviel gesagt, daß die vorhandenen Quellen keine Klarheit bezüglich der sozialen Stellung Imbrichos zulassen. Am größten ist noch die Wahrscheinlichkeit, daß er traungauischer Ministeriale gewesen ist30). Da die Traungauer anschei26) XJBStrn 1 307: (ca. 1150) Reginherus de Stire; 357: (ca. 1155) Otto filius Arnhalmi de Stire; 450: (1164) Otto de Stira; 641: (ca. 1185) Gundakar de Styra, Otto de Styre; 414: (ca. 1160) Wolkold de Stire, Poto de Stire, Meginhardus de Stire; UBOE 1 179: Wezilo de Styra; 187: Arnoldus de Styra, Wezil de Styra; 2 343: (ca. 1170) Gundakar de Stira; BUB 1 213: (1208 November 4 Garsten) Duringus de Stire, Wecil de Stire, Imbrich de Stire und andere mehr. 27) Kurz Beyträge 2 489 n. 19: Abrant comes de Styre; Kurz hält es für eine Verschreibung, weist aber auf nochmaliges Vorkommen hin; Urkundenbuch des Benedictiner-Stiftes Seitenstetten (Fontes Rerum Austriacarum [= FRA] 2/33, 1870) 91: (1273 Enns) neben Ulricus de Capella sein Neffe Ulricus comes de Styrek als Zeuge; vgL Veröffentlichungen der Historischen Landeskommission für Steiermark 33 bearb. v. Hans Pirchegger und Otto Düngern (Graz 1949) 93: „comes“ als Bezeichnung für den Burggrafen möglich; Karl August Eckhardt Präfekt und Burggraf in ZRG GA 46 (1926) 204: Titel „comes“ für den Burggrafen kommt vor; Eckhardt erklärt das fehlende Beziehungswort damit, daß der Burggraf für einen größeren Bezirk zuständig war. Doch auch beim „comes civitatis“ ist die Stadt nur der Mittelpunkt bzw. Hauptgegenstand, nicht aber das alleinige Objekt seiner Amtstätigkeit. 28) UBOE 2 401 f: (1186 Dezember 27 Admont) Imbrich de Losinstein; Jacob Wichner Geschichte des Benediktiner-Stiftes Admont 2 (Graz 1876) 216: Imbrich de Pleß; UBOE 1 184: (ca. 1185) Imbriccho de Stira; BUB 1 119: (1193 Enns) Duringus de Blesse et frater eius Imbrico; vgl. auch BUB 1 263: (1213 Enns) Imbrike de Steinpach; eine ähnliche Erscheinung bei Alois Zauner Königsherzogs gut in Oberösterreich in MOÖLA 8 (1964) 129, wo sich Wahrmund von Zierberg auch nach Leonstein und nach Nußbach nennt. 29) Peter Feldbauer Der Herrenstand in Oberösterreich. Ursprünge, Anfänge, Frühformen (Wien 1972) 101 f. 30) So schon Georg Grüll Burgen und Schlösser im Salzkammergut und Alpenvorland (Wien 1963) 54. Feldbauer Herrenstand 101 Anm. 249 will aus der Tatsache, daß in UBOE 2 404 Gundaker von Steyr und Imbrich von Losenstein Vorkommen, schließen, Imbrich sei ein ritterlicher Gefolgsmann Gundakers.