Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 25. (1972) - Festschrift für Hanns Leo Mikoletzky

BLAAS, Richard: Metternich, Mazzini und die Gründung der Giovine Italia

Metternich, Mazzini und die Gründung der Giovine Italia 605 im lombardo-venezianischen Königreich von der Existenz dieser neuen Sekte unterrichtet und zu erhöhter Wachsamkeit angehalten. Bereits im Dezember 1831 lag der Aufruf Mazzinis vom 8. Dezember abschriftlich in den Polizeiakten 25 26 *). In diesem Manifest werden bereits Ziele und Metho­den der neuen Vereinigung Umrissen. Die umfassendste und intensivste Aufklärung über Organisation, Programm und Methode des neuen Geheimbundes verdankte die Polizeihof stelle der piemontesischen Regie­rung. Auf dem aus Marseille einlaufenden Dampfboot „Sully“ waren in einem Koffer mit doppeltem Boden umfangreiche Korrespondenzen der Giovine Italia aufgefunden worden 28). Die Prüfung dieser im Juli 1832 beschlagnahmten Papiere überzeugte die österreichischen Behörden von der eminenten Gefahr, die von der neuen Sekte und ihrem Gründer drohte. Die nun einsetzende Verfolgung der Giovine Italia drängte den Kampf gegen die alten Carbonari völlig in den Hintergrund. Alle k. k. Behörden und alle italienischen Regierungen wurden alarmiert. Aus Marseille war inzwischen auch bereits die erste Nummer der von Mazzini redigierten Zeitschrift Giovine Italia eingelangt. Mazzini ist von nun an für die österreichischen Behörden zu einem Begriff geworden, und es ist nicht uninteressant zu beobachten, wie sein Name in keiner Aktennotiz mehr verwendet wird ohne einen bezeichnen­den Zusatz. Generalkonsul Kick in Marseille nennt den „jeune avocat génois“ entweder „forcené“ oder „fameux“, in italienischen Berichten, vor allem in jenen des Pariser Agenten Mocchetti, lautet das schmücken­de Beiwort für Mazzini „furente, frenetico, pernicioso, promotore dirigen­te“. Metternich wählt außer den Adjektiven „ruchlos“ und „gefährlich“ gerne längere Umschreibungen so z. B. „cet homme pervers, un des sectai- res italiens le plus dangereux“ oder „le trop fameux avocat Mazzini“. In den Noten an den Polizeipräsidenten tituliert er Mazzini mit „der berüch­tigte Advokat, der vorzüglich gefährliche Sektenchef“; man bescheinigt Mazzini in der Staatskanzlei auch, daß er „in ganz Europa den wohlver­dienten Ruf eines der allerfähigsten und allergefährlichsten Revolutions- Coryphäen sich erworben habe“ und als „Demagoge höherer Art“ und als 25) Beilage zur Note der StK an die PHSt 1832 Februar 16: StK Noten­wechsel mit PHSt 17. 26) Mastellone Mazzini 1, 207: „II 4 luglio, la dogana genovese si impadroni di un baule, contenente effetti d’uso, giunto da Marsiglia sul piroscafo francese Le Sully e scaricato nel porto franco di Genova. Nel doppio fondo furono trovate, öltre le copie del giornale mazziniano, numerose lettere destinate agli amici dei rivoluzionari“. — StK Notenwechsel, Note der StK an die PHSt 1832 Juli 28 mit Vorlage der Berichte aus Turin. Ebenda Note Oktober 24 mit Bericht des Konsuls Martignoni aus Genua und Beilage der Statuten der „Apofasimeni“ (die militante Gruppe der Giovine Italia); diese sind abgedruckt bei Mastellone Mazzini 2, 250 ff. — Martignoni berichtet, daß die Regierungen Italiens und die österreichischen Behörden in Italien über diese Korrespondenzen und über die neue Sekte informiert worden seien.

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