Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 25. (1972) - Festschrift für Hanns Leo Mikoletzky

DIRNBERGER, Franz: Paul Kornfelds Tragödie „Himmel und Hölle“ als Opfer der Zensur

Paul Kornfelds Tragödie „Himmel und Hölle“ als Opfer der Zensur 433 Stück aufzuführen im Gegenteil: daß sie aus der Verpflichtung herauskommen wollte und daß das Zensurverbot nichts weiter wie eine sozusagen bestellte Arbeit ist.. Direktor Wildgans möge unter Eid genommen werden, warum er die Briefe Kornfelds nicht beantwortet und Dr. Simelis nicht empfangen habe. Aus all diesen Gründen stellte der Kläger folgenden Antrag: Ver­urteilung der beklagten Bühnenleitung zur Aufführung des Stückes (in der Verhandlung kam dazu als Eventualbegehren im Falle der Ab­lehnung der Aufführung die Zahlung von 20.000 Mark als Schadensersatz für das schuldbare Herbeiführen des Verbotes des Stückes) und Zahlung der Konventionalstrafe von 4000 Mark. Diesen Antrag samt dem Even­tualbegehren lehnte das Gericht bei der Verhandlung am 1. Juni 1922 ab, verurteilte aber das Burgtheater zur Zahlung der Konventionalstrafe von 4000 Mark3 * * 38), der Hälfte der Vertretungskosten der klagenden Partei in der Höhe von 40.000 Kronen sowie der Hälfte der Gerichtskosten im Betrage von 3714 Kronen 39). Mit diesem Prozeß schloß das Kapitel „Himmel und Hölle“, ohne daß das Stück auf einer Wiener Bühne je zur Aufführung kam. Der Rowohlt- Verlag und vermutlich auch Kornfeld selbst erkannten ohne Zweifel die wahre Ursache des Aufführungsverbotes, wie sie in den vorhandenen Briefen und Akten ihre Bestätigung findet: Das Verbot von „Himmel und Hölle“ war bestellt — und zwar von jenem Direktor des Burgtheaters, der selbst (wenn vielleicht auch mit gewissem Widerwillen) die fixe Zu­sage gegeben hatte, das Stück vor Ablauf des letzten Termines herauszu­bringen, und der sich gleichzeitig verbürgt hatte, nicht nur die fälligen 4000 Kronen wieder hereinzubringen40), sondern auch das Eintreten des Straffalles bezüglich der auf 5000 Mark erhöhten Konventionalstrafe zu vermeiden. Was ihn allerdings später bewog, das moralische Empfinden des „leicht erregbaren Volkes“ vorzuschieben, läßt sich den Theaterakten ge­nauso wenig wie der privaten Korrespondenz Wildgans’41) entnehmen, in der der Name Kornfeld nirgends, auch nicht in einem anderen Zusammen­hang, erwähnt wird. 3S) „Im Schriftwechsel ist zwar meist von 4000 Kronen die Rede, doch er­klärte dies das Schiedsgericht als offenbaren Schreibfehler, da schon früher eine Konventionalstrafe von 2000 Mk festgesetzt war und eine Ziffer von 4000 K dieser gegenüber keine Erhöhung bedeutet hätte“: Finanzprokuratur ZI. 24092 = ThV r. 35—1/1—5, ZI. 2386/1922. — Das oben S. 423 erwähnte Schreiben des Fischer-Verlages ist gewiß nicht zufällig verloren gegangen; nur in diesem war die gewaltige Erhöhung der Konventionalstrafe von 4000 Kronen auf 5000 Mark enthalten, wogegen in dem Brief des Verlages vom 26. Mai 1921 mit der Zustimmung der Vertragsverlängerung auf den 15. Jänner 1922 nur mehr auf die früheren Forderungen Bezug genommen ist. 3n) Ebenda. 40) Sie sollten von den späteren Tantiemen abgezogen werden: wie Anm. 24. «) Für die freundliche Einsichtbewilligung und die Hilfe bei der Durch­sicht danke ich Herrn und Frau Dipl. Ing. Gottfried Wildgans. Mitteilungen, Band 25 28

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