Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 25. (1972) - Festschrift für Hanns Leo Mikoletzky

APPELT, Heinrich: Die libertas affectandi des Privilegium minus

Die libertas affectandi des Privilegium minus Von Heinrich Appelt (Wien) Bekanntlich*) hat Barbarossa im Jahre 1156 im Privilegium minus dem ersten Herzog von Österreich, Heinrich Jasomirgott, und dessen Gemahlin, der byzantinischen Prinzessin Theodora, unter anderem das Recht zuerkannt, im Falle kinderlosen Todes eine Verfügung über das Herzogtum zu treffen: „Libertatem habeant eundem ducatum affectandi, cuicumque voluerint“ !). Das Problem wurde in der Literatur oft erörtert, eine wirklich befriedigende Lösung ist aber bisher nicht geglückt. Sie kann nur in enger Zusammenarbeit zwischen Diplomatik, Philologie und Verfas­sungsgeschichte gefunden werden, doch kommt dabei rein philologischen Überlegungen ein besonderes Gewicht zu. Erben meinte seinerzeit den Nachweis erbringen zu können, daß es sich um einen Einschub aus der Zeit des letzten Babenbergers handeln müsse * 2). Konrad Josef Heilig ver­wandte in seinem Werk Ostrom und das Deutsche Reich um die Mitte des 12. Jahrhunderts3), das vornehmlich den Problemen der Kritik des Minus gewidmet war, den größten Scharfsinn darauf, Belege für die Phrase „affectare aliquid alicui“, mit Akkusativ der Sache und Dativ der Person (dativus commodi), beizubringen; er dehnte diese Untersuchung *) Die Grundthese dieser Miszelle wurde bereits im Rahmen eines Vortra­ges, der am 22. Mai 1970 vor dem Verein für Landeskunde von Mederösterreich und Wien gehalten wurde, entwickelt. !) In der Ausgabe der Diplome Friedrich Barbarossas, deren erster bis zum Antritt des zweiten Italienzuges im Sommer 1158 reichender Teilband druck­fertig vorliegt, wird das Privilegium minus als DF I 151 enthalten sein; zur diplomatischen Kritik vgl. künftig die Vorbemerkung ebenda. Eine vorzügliche Textedition mit vollständiger Übersicht über die Literatur bietet Heinrich Fichtenau im Urkundenhuch zur Geschichte der Babenberger in Österreich 4/1 (Wien 1968) 147 n. 803. 2) Wilhelm Erben Das Privilegium Friedrich I. für das Herzogtum Öster­reich (Wien 1902) passim, besonders 129 ff. Es bleibt das große Verdienst Erbens, die Verwendung des Codex Udalrici in der Reichskanzlei der frühen Stauferzeit nachgewiesen und damit eine Fülle kritischer Beobachtungen verbunden zu ha­ben, wenngleich sich seine Interpolationstheorie nicht halten läßt. 3) Schriften des Reichsinstituts für ältere deutsche Geschichtskunde 9 (Leip­zig 1944, Neudruck 1952) besonders 89 ff.

Next

/
Thumbnails
Contents