Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 25. (1972) - Festschrift für Hanns Leo Mikoletzky

MOHR, Walter: Die Rolle Bayerns in der Komposition der Annales regni Francorum

Die Rolle Bayerns in der Komposition der Annales regni Francorum Von Walter Mohr (Saarbrücken) Bekanntlich ist der erste Teil der Annales regni Francorum in den achtziger Jahren des 8. Jahrhunderts entstanden. Dabei begann der Autor seine Darstellung mit dem Tode Karl Martells, er sah also die Geschichte seiner Zeit aufs engste verknüpft mit dem Beginn der Regierung von dessen Söhnen Karlmann und Pippin. Da diese beiden die unmittelbaren Vorgänger des zu seiner Zeit regierenden Königs Karl waren, stellt sich als Leitidee seines Werkes eine Familiengeschichte dar. Er eilt dabei schnell über die Ereignisse der Jahre 741-—-745 hinweg, um in einer aus­führlichen Schilderung der Abdankung Karlmanns und der Erhebung Pippins zum König den Aufstieg des karolingischen Hauses festzuhalten. In dieser Sicht des eigenen Zeitgeschehens unter dem historischen As­pekt der Dynastie erscheint diese schon von Beginn an voll und ganz im Besitz der staatlichen Macht, von der Person des noch existierenden merowingischen Königs erfahren wir erst bei seiner Absetzung im Zeit­punkt der Erhebung Pippins. Auffallend ist es, daß die Person Karl Martells, mit Ausnahme der Erwähnung seines Todes, völlig aus dem Rahmen herausgehalten wird. Sogar seine von zeitgenössischen Quellen berichtete Teilung des Reiches unter seine Söhne ') wird hier umgewan­delt in eine nach seinem Tode von diesen selbst vollzogene 1 2). Bemerkenswert ist auch die Kürze dieser Berichterstattung: Auf einem Feldzug nach Aquitanien teilten sie das Reich der Franken unter sich. Auch darin dürfte sich die Zielsetzung der Darstellung geltend machen. In der eigentlich zeitgenössischen Erzählung beim Fredegar-Fortsetzer teilt nämlich Karl Martell unter seine Söhne die Reiche, es wurde also aus­gegangen von den alten Teilkönigreichen 3). In den achtziger Jahren be­stand offensichtlich noch Anlaß, möglichst über die historische Existenz von Teilreichen zu schweigen, die zuletzt ja nach der durch Pippin vorge­1) Contin. Fredeg. c. 23 (ed. B. K r u s c h in MG SS rer. Merov. 2 [1888] 179). 2) Arm. regni Franc, ad a. 742 (ed. G. H. P e r t z — F. Kurze in SS rer. Germ. [1895] 4). 3) Vgl. dazu Walter Mohr Fränkische Kirche und Papsttum zwischen Karlmann und Pippin (Saarbrücken 1966) 14.

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