Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 24. (1971)

HEINDL, Waltraud: Die Wiener Nuntiatur und die Bischofsernennungen und Bischofsenthebungen in Ungarn 1848–1850

428 Waltraud Heindl Haynau und Szcitovszky, das sich von allem Anfang an nicht gerade freundlich entwickelt hatte, sollte aber in der Folge immer gespannter werden 84), wobei Szcitovszky immer wieder die Unterstützung der Wie­ner Regierung fand. Als Beispiel wäre die Behandlung des griechisch- katholischen Bischofs von Eperies, Josef Gaganez, und des griechisch-ka­tholischen Bischofs von Munkács, Basilius Popovics, anzuführen, deren Schicksal im Frühjahr 1850 noch immer offenstand. Für beide hatte sich der Fürstprimas eingesetzt 85). Beiden drohte ein strafrechtliches Verfah­ren. Der erstere administrierte zwar noch seine Diözese, der zweite befand sich „in Untersuchung“ und war von der Ausübung der bischöflichen Rechte suspendiert worden 86). Viale-Prelä war wohl geneigt, seine Stim­me für Gaganez geltend zu machen, da er von dessen Loyalität gegenüber dem Kaiserhaus überzeugt war87), anders stand die Sache jedoch bei Popovics, den der Pronuntius offensichtlich nicht sehr schätzte. Er bezeich- nete diesen Oberhirten als „uomo di vita scandalosa“ 88). Es scheint, als wäre der Pronuntius wenig geneigt gewesen, Popovics’ wegen neue Kom­plikationen mit der kaiserlichen Regierung heraufzubeschwören, indem er die Sache jenes Oberhirten vertrat. Der Fall erledigte sich jedoch durch die Einsicht der österreichischen Regierung, die beide Bischöfe für nicht genügend schuldig erklärte, um ein strafrechtliches Verfahren einzulei­ten 89), und Popovics in seine Gerechtsame wieder einsetzte 90). Die auffallende Unterstützung, die man von seiten Wiens in den Bischofsangelegenheiten dem Fürstprimas von Ungarn zuteil werden ließ, und die Mäßigung, die man nun — zum Unterschied von Haynau — ge­genüber den Bischöfen an den Tag legte, zeigen deutlich den Antagonis­mus, der sich 1850 zwischen der Regierung in Wien und Haynau — haupt­sächlich wegen der Frage der Judenkontributionen — entsponnen hat­te 91 * *). Auch Schwarzenberg, der bekanntlich für die Übung „äußerster *4) Adriányi Ungarische Kirche und österreichisches Konkordat 57. 85) VA NdiV 322: Viale-Prelä an Antonelli, 1849 Dezember 29 Nr. 259. 8«) Ebenda. Vgl. auch HHStA Kab. Kanzlei, MRProt. 1850 August 7/IX MRZ. 3262/1850 und Vortrag Bachs 1850 August 30 MRZ. 3544/1850. «) Vgl. Anm. 85. 88) Ebenda und Viale-Prelä an Antonelli, 1850 Jänner 27 Nr. 282. 8») In diesem Fall wurde die Untersuchung korrekt geführt. Geringer, der kaiserliche Zivil kommissär in Ungarn, leitete die Erhebungen. Es wurde ein Gutachten des Primas eingeholt und eine Disziplinarkommission, die aus Ver­tretern der Ministerien des Kultus und der Justiz zusammengesetzt war, von Each den Beratungen beigezogen. HHStA Kab. Kanzlei, Vortrag Bachs 1850 August 30 MRZ. 3544/1850. °°) Ebenda und MRProt. 1850 August 7/IX MRZ. 3262/1850. 91) Vgl. darüber Friedrich Walter Von Windischgrätz über Weiden zu Haynau. Wiener Regierung und Oberkommando in Ungarn 1849/50 in Friedrich Walter- Harold Steinacker Die Nationalitätenfrage im alten Ungarn und die Südostpolitik Wiens (Buchreihe der Südostdeutschen Historischen Kommis­sion in Verbindung mit Balduin Saria und Fritz Valjavec 3, München 1959) 68—161.

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