Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 24. (1971)
HEINDL, Waltraud: Die Wiener Nuntiatur und die Bischofsernennungen und Bischofsenthebungen in Ungarn 1848–1850
Die Wiener Nuntiatur und die Bischofsernennungen in Ungarn 1848—1850 427 sung) veranlassen, dieser muß aber auf jeden Fall dem Kriegsgerichte unterzogen werden“, so meinte Haynau, „da ein schändlich (!) Spitzbube ist“ 77). Die Aufregung war nun groß. Bémer wollte sein Rücktrittsgesuch zurückziehen, bis daß er seine Unschuld bewiesen habe78), und dürfte nur durch die Überredungskunst Viale-Preläs dazu bewogen worden sein, daß er schließlich seine Resignation dennoch aufrecht erhielt, die auch auf Anraten des Pronuntius vom Hl. Stuhl sofort — weit schneller als die anderen Resignationen — angenommen wurde 79). Viale-Prelä versäumte auch nicht, zwei neuerliche Protestnoten an das österreichische Außenministerium zu senden, in denen er sich im Namen des Hl. Vaters bitter über das Urteil gegen Bémer beklagte 80) und beim Kaiser um Begnadigung für den Bischof bat. Die Protestnoten verfehlten nicht ihre Wirkung, denn der Ministerrat beschäftigte sich sofort darauf mit diesem Thema, und Bach fand es „auffallend“, daß Bémer, „ein alter, gebrechlicher und geistesschwacher Mann“, selbst nach Modifizierung des Urteilspruchs zu 20 Jahren Festungsarrest verurteilt worden war. Er stellte daher beim Kaiser den Antrag auf Nachsicht der Kerkerstrafe 81). Der Antrag wurde angenommen, Bémer wurde nach Wien gebracht und im Franziskanerkloster konfiniert 82). Wiederum schrieb Viale- Prelä dem FZM Haynau die Affäre zu und meinte: das ungerechte Vorgehen entstamme einem Gefühl der Animosität Haynaus gegen Primas Szcitovszky. Haynau zürne dem Fürstprimas in besonderem Maße, da er vermute, dieser arbeite auf seine Entfernung von Ungarn hin 83). Das mag den Tatsachen entsprochen haben. Das Verhältnis zwischen 77) HHStA Kob. Kanzlei, NI. Schwarzenberg, Geheimakten 10: Haynau an Schwarzenberg, 1850 Februar 6 Nr. 163; zit. auch bei An dics A nagybirtokos aristokrácia 464. 78) VA NdiV 322: Viale-Prelä an Antonelli, 1850 Februar 26 Nr. 313 und Februar 28 Nr. 315. 7») VA NdiV 347: Viale-Prelä an Schwarzenberg, 1850 Mai 24. Vgl. auch VA VdiV 331: Antonelli an Viale-Prelä, 1850 März 14 Portici. so) „... je la déplore pour le scandal qui en resuite, et pour la trés facheuse impression que la dite injure fera sur les populations catholiques de la Hongrie; ainsi que sur celle du reste de la Monarchie et de l’Allemagne.“ Geschickt zog der Nuntius den Vergleich mit der Revolution von 1830 und betonte, daß der polnische Klerus vom russischen Kaiser weit besser behandelt worden wäre. „C’est triste de penser“, so setzte der Pronuntius weiter fort, „que l’histoire dira, que des Evéques catholiques ont été traités avec plus d’égard sous un Souverain schismatique, qu’ils ne l’ont été par les autoritás subalternes du Roi Apostolique.“ VA NdiV 340 a: Viale-Prelä an Schwarzenberg, 1850 März 11; auch Roskovany Monumenta Cath. 634 und Adriányi Ungarische Kirche und österreichisches Konkordat 25. 81) HHStA Kab. Kanzlei, MRProt. 1850 März 1/1 MRZ. 981/1850. Vgl. auch MRProt. 1850 März 8/II MRZ. 948/1850. 82) VA NdiV 322: Viale-Prelä an Antonelli 1850 April 15 Nr. 328. 83) VA NdiV 322: Viale-Prelä an Antonelli, 1850 März 15 Nr. 325.