Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 24. (1971)

HEINDL, Waltraud: Die Wiener Nuntiatur und die Bischofsernennungen und Bischofsenthebungen in Ungarn 1848–1850

426 Waltraud Heindl als möglich eine Neubesetzung der Diözese Fogaras zu erreichen 69). Das einzige, was von seiten des Hl. Stuhls vorgebracht wurde, war der Ein­wand, daß das gerichtliche Verfahren gegen den Oberhirten nicht im Ein­klang mit den kanonischen Vorschriften gewesen sei70). Leményi war — so kann man wohl annehmen — vom Pronuntius und der Kurie still­schweigend fallengelassen worden. Das Schicksal Leményis erscheint be­sonders tragisch, da dieser — angeblich vollkommen unschuldig — einer Intrige zum Opfer gefallen war 71). Anfang 1850 befand sich aber noch der römisch-katholische Bischof von Großwardein, Ladislaus Bémer, in Haft. Bémer wurde von Viale- Prelá, der persönlich nur wenig Sympathien für diesen Bischof übrig zu haben schien, als ein alter schwacher Mann charakterisiert72), der kaum mehr imstande wäre, für seine Diözese etwas zu tun73). Doch bat der Pronuntius trotzdem gemeinsam mit Szcitovszky für Bémer um Nach­sicht 74). Daraufhin setzte sich der Ministerrat — wieder auf Antrag Bachs — für den Bischof ein, und dieser wurde tatsächlich aus seiner Haft in Fest entlassen und in das Franziskanerkloster in Buda gebracht75). Bémer verzichtete auf sein Amt, doch am Tage seines Rücktritts wurde er von Haynau neuerlich verhaftet und durch ein Kriegsgericht zum Tod durch den Strang verurteilt. Dieses Urteil wurde später in eine 20jährige Haft umgewandelt76). Haynau hatte wohl diesbezüglich vollkommen eigen­mächtig und sogar ohne Wissen der Wiener Regierung gehandelt. „Um die freiwillige Resignation Bémers zu bekommen, der sich wegen Hoch- verraths in Haft befindet, werde ich Morgen das nämliche (seine Freilas­69) VA NdiV 331: Antonelli an Viale-Prelä, 1850 April 27 Portici. Vgl. auch VA NdiV 347: Viale-Prelä an das Kapitel von Fogaras, 1850 Mai 23 Nr. 357. 70) HHStA Admin. Registratur F 26/3: Antonelli an M. Esterházy, 1850 Mai 16. 71) Dem Nachfolger Leményis, Sterka-Sulucz, der sich wie Leményi poli­tisch stark auf Seiten der Rumänen engagiert hatte, war es angeblich — nach De Luca, dem späteren Nuntius in Wien, — gelungen, Leményi als geheimen Anhänger der Rebellion zu präsentieren, den Rücktritt dieses Oberhirten, der bei der Bevölkerung angeblich sehr beliebt gewesen war, zu erreichen und seine eigene Wahl als Bischof von Fogaras durchzusetzen. In Siebenbürgen nämlich hatte der Klerus der Diözese das Recht, drei Kandidaten zu wählen und dem Kaiser zur Bischofsernennung vorzuschlagen. VA Spoglio De Luca 4: Relazione su la Delegazione Apostolica per la Provincia Ecclesiastica di Alba Giulia di Rito orientale esquita da Mg. De Luca, o. D. (vermutlich Oktober 1858). Für die Mitteilung dieses Berichtes bin ich Frau Dr. Edith Saurer zu herzlichem Dank verpflichtet. 72) Er wäre immer als Bischof unfähig gewesen, gegenwärtig aber in einem Zustand „di quasi totale imbecillitä“. VA NdiV 322: Viale-Prelä an Antonelli, 1850 Februar 20 Nr. 302. 7S) VA NdiV 322: Viale-Prelä an Antonelli, 1849 September 17 Nr. 225. 74) VA NdiV 347: Viale-Prelä an Szcitovszky, 1850 Februar 6 Nr. 364. 75) HHStA Kab. Kanzlei, MRProt. 1850 Jänner 28/IV MRZ. 422/1850. 76) Adriányi Ungarische Kirche und österreichisches Konkordat 23.

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