Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 24. (1971)

MIKOLETZKY, Lorenz: Der Versuch einer Steuer- und Urbarialregulierung unter Kaiser Joseph II

Der Versuch einer Steuer- u. Urbarialregulierung unter Kaiser Joseph II. 319 doch nur nach der Länge und Breite. Unter Anführung des Namens jedes einzelnen Grundbesitzers oder dessen Hausnummer war dann die An­zahl der Klafter, der Länge und Breite ohne Kalkulation des Ertrages und der Oberfläche zu verzeichnen. Nach dieser Arbeit, so forderte der Kaiser in seinen Grundsätzen weiter, mußten der Kreisbeamte und der Buchhalter sich mit den Einzelerhebungen von Korn, Heu, Wein, Holz u. a. beschäftigen und zwar unter Anforderung der Dresch- und Zehent­register, Kasten- und herrschaftlichen Rechnungen, Kauf- und Verkaufs­anschlägen der Grundeigentümer, wobei die Möglichkeit des Fehlens solcher Unterlagen in den entfernteren Gebieten bestand (z. B. in Galizien). In derartigen Fällen hatten die Prüfer Vorsorge zu treffen, daß die im Jahre 1784 erfolgten Berechnungen aufgezeichnet wurden, damit wenig­stens künftig ein Material bei Prüfungen vorliegt. Ein gleiches und auch einziges Grundmaß wurde für die Abmessungen in der ganzen Monarchie bestimmt: Jeder Metzen Aussaat hatte 528 Quadratklafter zu betragen. Damit hörten Benennungen wie Viertel und Tagwerk auf. Strengstens wird darauf verwiesen, daß bei auftauchenden falschen Messungen sofort die Anzeige zu erstatten ist, und der schuldige Teil zur Verantwortung gezogen wird. Nicht nur die Besitzer, auch die Ingenieure waren zu be­strafen, wenn die Nachmessungen unrichtig waren: sechs Jahre Zuchthaus dafür, daß ein „falsum voluntarium“ begangen wurde. Wenn aber ein Versuch bekannt wurde, den Ingenieur zu bestechen, so war ihm die angebotene Summe auszuhändigen, und als „Lohn“ empfing man selbst eine Körperstrafe. Nach Abschluß der Messungen und Ausschluß aller Fehler war ein Plan der Gemeinde mit dem Ausmaß der Gründe und den vorgenommenen Untersuchungen zu erstellen. Dies waren in gro­ßen Zügen die Aufgaben einer Unterkommission. Die Oberkommission hingegen mußte ihre Ortsbereisung so einteilen, daß sie innerhalb von sechs Monaten jeden Kreis kontrollieren konnte, nachprüfte, wie weit das „Geschäft“ vorangeschritten war, ob keine Be­schwerden und Anzeigen einliefen und vor allem, ob sämtliche Indi­viduen der unteren Kommissionen „mit Fleiß und Richtigkeit Vor­gehen“ 20). Die „Grundsätze“, der Hofkanzlei vorgelegt, riefen den ersten Wider­stand hervor. Es ergingen Abänderungsvorschläge, bei deren Beantwor­tung der Kaiser in einem Schreiben vom 28. Juli 1784 seine feste Ein­stellung in dieser Angelegenheit zeigte: „Wenn Ich also sage, daß Ich von Meiner Resoluzion nicht ein Haar weiche, so versteht sich dieses auch auf die Grundsätze, welche jedoch bei weitem noch kein ausgearbeitetes Patent sind: denn, wären sie dieses, und wollte Ich Meine Grundsätze gleich in einer ganzen Ausarbeitung, und in einem eigentlichen Patente vorlegen, so würde Ich keiner Kanzley, sondern wie 20) Vgl. ebenda fol. 16 ff und Hermann M e y n e r t Kaiser Joseph II. Beitrag zur Würdigung des Geistes seiner Regierung (Wien 1862) 176 f.

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