Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 24. (1971)

GASSER, Peter: Triestiner Handel vor 1790. „Corpo Mercantile“, die Anfänge der Handelsbörse und die Opposition Fiumes

272 Peter Gasser sichten nicht revidiert werden sollten, das für alle Geschäfte so notwendige Geld in Triest bald fehlen 0J). Im folgenden fünften Punkt der Bittschrift äußerten die Unterzeichneten den Verdacht, daß dem Kaiser die in Triest vorgefallenen Fallimente in allzu krassen Farben geschildert worden seien. Nur so wäre es verständlich, daß die diesbezüglich erlassenen Verordnungen härter als in anderen Staaten üblich ausgefallen wären ®5). Auf die daraus sich ergebenden Folgerungen hätte die Börsendeputation in ihrer immer wieder zitierten Eingabe vom 4. April 1787 bereits hingewiesen. Weit entfernt, Kridatare in Schutz zu nehmen, glaubten die „Börsenmäßigen“, daß doch eine Grenze zwischen dolosen und durch un­glückliche Umstände hervorgerufenen Fallimenten gezogen werden müßte. In den einschlägigen Verordnungen sei aber in beiden Fällen, was Strafandrohung und Strafvollzug betreffe, eine differenzierte Behandlung nicht vorgesehen. Auf Grund solcher Sanktionen wird wohl jeder vor dem Konkurs stehende Kauf­mann, unter Mitnahme aller zusammengerafften Gelder und Effekten, zu flie­hen trachten, und der Gläubiger, anstatt wenigstens etwas noch zu retten, alles verlieren. Welcher Handelsmann könne vor einer Generalinquisition bestehen, die in der Regel von Personen durchgeführt wird, denen die im Geschäftsleben üblichen Usancen unvertraut sind und die nur zu oft auch dort den Betrug wit­tern, wo es sich in Wirklichkeit nur um eine ganz normale Merkantilmanipula­tion handle? 64 65 66). Durch Gesetze, heißt es weiter in dem Memoriale, könnten Fal­limente nie verhindert werden. Solange es einen Handel geben wird, wird es glückliche und unglückliche Geschäftsabschlüsse geben 67). Daher die Bitte, bei Aufdeckung betrügerischer Fakten nur die eindeutig Schuldigen zu bestrafen, und vor Eröffnung des Gerichtsverfahrens den Parteien eine zwei- bis dreimo­natige Frist zur Schließung eines billigen Vergleiches (equo aggiustamento) zu gewähren. Sollte S. M. diese Bitte nicht erfüllen wollen, so mögen doch wenig­stens die gesetzlichen Bestimmungen dahingehend modifiziert werden, daß das generelle Handels- und Handlungsverbot nur den überführten Kridatar treffen möge, wobei die Höhe der Schadensumme für die Beurteilung des Falles schon aus dem Grunde nicht allein ausschlaggebend sein dürfe, da einerseits nur zu oft auch bei einem nicht dolosen Fallissement die Gläubiger alles verlieren, andrer­64) Ebenda fol. 630: „Fu pure inserito nella nostra Legislazione, che al caso di un concorso, Li Creditori Intabulati sopra un Benne Stabile dei Debitore, abbino a ripartirsi il detto Stabile al prezzo dell’Estimo; Codesta Legge non solo ha minorata la facilitä delli Prestiti in questa Piazza; ma di piü ha eccitati diversi Crecitori Intabulati al ritiro de Loro Danari all’ espiro dé Loro Contratti; e cosi questa Cittä restarä esaurita di Danaro che pur impiegava in utili Rami di Negoziazione“. 65) Ebenda fol. 631: „L’Avvenimento in questa Piazza di vari Fallimenti fü forse rappresentato allTmperiale Maesta Vostra con colori troppo esagerati; che diedero argomento ad emmanare una Legislazione piü rigida di tutte le altre Nazioni Commercianti...“. 66) Ebenda fol. 631—631 v: „Női siamo ben lontani dal diffendere li falliti dolosi ... Ma un limite vi ha in natura, in ragione e in Legge fra li f alliti dolosi colposi ed accidentali ... Quale saranne l’Effeto? Chiunque sara ridoto al caso dei fallimento, vedendo per lui disperata ogni risorsa se ne fuggira con quanti Danari ed Effetti pótra raccogliere ... Chi é quell’Uomo Negoziante ehe possa reggere a una Generale Inquisizione? Inquisizione regolarmente fatta da chi non conosce né l’ordine, né le consuetudini Mercantili; a quali spesse volte comparisce Dolo; ciö che in Commercio é manipulazione commune!“ 67) Ebenda fol. 631 v—632: „Qualunque Legge non pótra impedire li Falli­menti ... Finché vi sara commercio, vi saranno affari felici ed infelici...“.

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