Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 24. (1971)

GASSER, Peter: Triestiner Handel vor 1790. „Corpo Mercantile“, die Anfänge der Handelsbörse und die Opposition Fiumes

270 Peter Gasser Verordnungen, die für einen aufstrebenden Seeplatz zu dem Zeitpunkt ihrer Publizierung z. T. bereits überholt waren, nur als ausgesprochene „Binnenmentalität“ und als überflüssige Brüskierung des griechisch- levantinischen Elementes bezeichnet werden; eines Elementes, dessen Geltung von Jahr zu Jahr zunahm und so Bedeutendes für diese Stadt in der weiteren Folge noch leisten sollte 57 58 *). Die letztaufgeworfene Frage ist nur eine unter den vielen, die von der Triestiner Kaufmannschaft in diesen Jahren, als Bitte, Forderung oder Beschwerde formuliert, an die Zentralstellen herangetragen wurden. Er­strebtes Ziel war eine auf die besonderen Verhältnisse in Triest zuge­schnittene Merkantilgesetzgebung. Eine am 4. März 1788 an den Monarchen gerichtete, von den namhaf­testen „börsenmäßigen“ Kaufleuten wie F. E. J. Baraux, Bogner, Anto­nio Rossetti und Pandolfo Federico Österreicher Unterzeichnete Petition faßte in acht Punkten die Hauptbeschwerden des Triestiner Handelstandes zusammen. In einem wurden darin auch Wege und Mittel angezeigt, wie den verschiedenen Übelständen abzuhelfen wäre. Die Börsendeputation habe in ihren leider abschlägig beschiedenen Exposés vom 4. April, vom 5. und vom 12. Dezember 1787 den Beweis erbracht, daß eine für den Binnenhandel ausreichende Judikatur den Erfordernissen des Seehandels nicht angepaßt werden könne *8). Triest kenne kein Merkantil-, ge­schweige denn ein Seegesetz. Es trete daher oft der Fall ein, daß die nach dem römischen Rechte zu amtieren gezwungenen lokalen Gerichte Urteile fällen, die, vom merkantilmaritimen Standpunkt aus betrachtet, vor allem den ausländi­schen Händler ungeheuerlich anmuten müßten 6»), Bedingt durch die stetig steigende Bedeutung des Seehandels, hätten bei anderen Nationen im römi­schen Rechte nicht vorgesehene Privilegien und Begünstigungen völkerrecht­lichen Charakter angenommen. Im ersten Punkte der Petition wurde die Notwendigkeit, (... e la necessitä é evidente...) endlich ein Seegesetz (codice generale per la marina) zu erlas­sen, unterstrichen, in einem aber auch festgestellt, daß ein einschlägiger Ent­wurf bereits vor zwei Jahren in Triest verfaßt und den zuständigen Stellen vorgelegt worden wäre. Eine Erledigung im positiven Sinne sei allerdings an dem starren Widerstand der Obersten Justizstelle und der Hofkanzlei geschei­tert 60). Gemäß Erkenntnis der Obersten Justizstelle vom 1. Dezember 1786 hätte, wie im zweiten Punkt der Eingabe angeführt wurde, der Erstbesitzer (proprie­tario) einer Ware jederzeit das Recht, diese von einem Drittkäufer oder Hypo­thekargläubigen anzufordern, und zwar auch dann, wenn letzterer das fragliche Gut „bona fide“ erstanden, bzw. hypothekarisch belegt habe. Diese dem Gedeihen des Platzes absolut abträgliche Bestimmung stünde, wie die „Börsen­mäßigen“ leidenschaftlich beteuerten, nicht nur im schroffen Gegensatz zu den in anderen Staaten üblichen Praktiken, sie trage darüber hinaus auch zur stän­digen Aufregung und Unsicherheit in der Triestiner Geschäftswelt bei. Wäre doch der einheimische Händler in einem von fremden Schiffskapitänen und 57) Es sei hier auf die treffliche Studie von Giuseppe Stefani I Greci a Trieste nel Settecento (Trieste 1960) hingewiesen. 58) HKA Lit. Commerz 617 (rot) fol. 626—637 und 644—651 v. 59) Ebenda fol. 626: „Sacra Maesta! l’Esempio di tutte le Nazioni convince,

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