Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 24. (1971)

GASSER, Peter: Triestiner Handel vor 1790. „Corpo Mercantile“, die Anfänge der Handelsbörse und die Opposition Fiumes

260 Peter Gasser ermöglichen. Unter Androhung empfindlicher Strafen, ja sogar der Ausweisung, hatten fortan Geschäftsleute, die allein oder in Gesellschaft eine neue Handlung gründen wollten, dem Merkantilgerichte noch vor Aussendung der „Oblatorien“ (Erinnerungsbriefe) genaue Angaben über ihre Person und Fähigkeit sowie der Höhe des Betriebs- und Privatvermögens zu erstatten, Angaben, die das Mer­kantiltribunal in eigens dafür anzulegende Matrikel- und Protokollbücher fest- halten sollte so). So wurde allen in Triest oder sonstwo im Litorale operierenden Groß­händlern und Fabrikanten durch dieses Patent vom 19. Jänner 1758 die Insi­nuation bei den zuständigen Merkantilgerichten zur Pflicht gemacht. Diejenigen unter ihnen, die bereits seit zehn und noch mehr Jahren unter ordnungs­gemäßer Führung der Geschäftsbücher eine ehrliche Tätigkeit entfaltet hatten, sollten sich lediglich, pro statu notitiae, namentlich und unter Angabe der Art und des Gründungsdatums ihrer Handlung in die neuen Protokollbücher des Merkantilgerichtes eintragen lassen. Von der Verpflichtung, das eigene oder ge­sellschaftliche Kapital zu deklarieren oder detailierte Auskünfte über Struktur ihrer Sozietät zu erstatten, wurden sie jedoch mit der Begründung befreit, da die Bonität in ihren Fällen als erwiesen anzusehen wäre* 31). Bei Geschäfts­gründungen hatte das Merkantilgericht darauf zu achten, daß das „Negotium gemeldeter massen recht fundiret,“ d. h. genügend Kapital vorhanden, und der „angehende Negotiant“ wie auch der allfällige Teilhaber nicht mit Bürgschaften und „anderweiten Schulden beladen oder doch wenigstens zu derer Befriedigung ausser des Handlungs-Fundi mit genügsamen Mitein versehen“ wäre 32). 30) AVA Patent vom 19. Jänner 1758, Handlungs- u. Fallitenordnung I. Teil, Art. 1, § 3: „Es möge nun eine Handlung von einer Persohn alleine, oder von mehreren errichtet werden, so ergehet hiemit Unsere Gesetz-mäßige Vorschrift, daß solche noch ehe, als die gewöhnliche Erinnerungs Brife, oder die sogenannte Oblatoriae an fremde Plätze erlassen werden ... dem betreten­den Mercantil und Consolat-Gericht kund gemacht werden solle, damit solches, die Beschafenheit der in die vorhabende Handlung niederlassenden Persohnen, ihre Kräften, und vorzüglich die Tauglichkeit, auf welche in derley Geschäften oft mehr, als auf viele Habschaften zu sehen ist, genau erforschen, und zu der vorhabenden Errichtung ihre Obrigkeitliche Bestättigung ertheilen möge, und Wir erklären ... daß ohne dieser Gerichtliche Bestättigung weder die Oblatoriae in denen sie dahero ausdrücklich zu erinnern ist erlaubet, weder ohne dieser eine Handlung zu treiben gestatet, sondern jene, die solche eigenmächtig zu unternehmen sich erkühnen wurden, durch poenfällige Verordnungen hievon abgemahnet, bey weiteren Widerstand aber derley Persohnen wohl gar abge- schafet werden sollen .. 31) Ebenda § 8: „Und ob Wir zwar die bereits stehenden Handlungen solch obbeschriebener Untersuchung keineswegs unterwerfen, so verordnen Wir jedoch in Gegenwart, daß solche in dieses neu-errichtende Protocoll gleich Anfangs nur blos pro Statu Notitiae eingetragen, dabey aber nichts, als das Jahr der Errichtung, die Art des Handels, und die Personen, die solche Handlung aus­machen, gratis angemerket, der Fundus, oder das innerliche Wesen derselben aber, nachdeme sie bereits in ofentlicher Übung stehen, gar nicht untersuchet werden solle ...“, und HKA Lit. Commerz 617 (rot) fol. 487 v: „... Negozianti, che ritrovansi in questa Piazza ed esercitata vi avevano onestamente la Mer­catura da dieci anni per l’avanti, furono dispensati dal rigore della Legge posteriore giustamente, perche stabilito ritrovasi il loro credito .. 32) AVA Patent vom 19. Jänner 1758, Handlungs- u. Fallitenordnung I. Teil, Art. 2, § 6.

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