Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 24. (1971)

PILLICH, Walter: Der Stein- und Siegelschneider Ulrich Schwaiger im Dienste dreier Kaiser

242 Walter Pillich angeführt. Es ist dies das große Siegel der Reichshofkanzlei, das nach Schwaigers Angaben „gannz überschrieben“, und, weil es „ganz zerstossen und zerfeczt ward, wider verneuert, unnd den fluß hinein gemacht und was vor drinnen gewesen verlötet“ wurde96) (Abb.). Ebenso wurde auch das Siegel „so zu gemeinen wappen brief gehörig“ — es handelt sich hier um das mittlere Siegel der Reichskanzlei von 1578 — „verneuert“ 97 * * loo)). Bei allen diesen Arbeiten handelt es sich um die Veränderungen im Wappensiegelbild, die mit der Erhebung Kaiser Rudolfs II. am 2. Juni 1585 zum Ritter des Ordens vom Goldenen Vließ notwendig geworden waren, nämlich die Kollane mit dem Vliesorden in die Siegelstöcke einzu­gravieren 9ö). Es ist nämlich in Posses mehrerwähntem großen Siegelwerk nicht berücksichtigt worden, daß nach 1585 die beiden Siegel der Reichs­hofkanzlei, nämlich das große und das mittlere Siegel und ebenso die kleinen Kaisersekrete das Goldene Vlies ein geschnitten erhielten. Der Ge­samtbetrag für die vorerwähnten Siegelarbeiten von 533 fl. und 20 kr. wurde dann tatsächlich auch 1588 vom Reichstaxamt an Ulrich Schwaiger ausbezahlt"). Die immer geringer werdende Arbeitskraft, bedingt durch sein Alter und durch sein schlechtes Augenlicht, bewogen Ulrich Schwaiger, bei der Hofkammer in Prag im Mai 1589 um eine Pension einzukommen. Diesem Bittgesuch schloß der Siegelschneider auch eine heute nicht mehr erhaltene Liste seiner gesamten Arbeiten bei 10°). Kaiser Rudolf II. bewilligte darauf am 4. Mai 1589 zu Prag seinem Hofgoldschmied und Siegelschneider für die fleißigen Dienste, die er den Kaisern Ferdinand I. und Maximilian II. sowie auch ihm durch viele Jahre „in undterschiedlichen Verrichtungen, besonders aber durch öftere Verän­derungen und umschneidung der kaiserlichen siegeln als auch durch ab- giessung allerhandt schöner kunststuckh“ erwiesen hatte, ab 1. April 1589 jährlich 80 fl. rh. als Pension auf Lebenszeit. Außerdem sollte nach dem 96) Bei Posse Siegel 3, 23 f, Tafel 36/1 ohne Vliesorden, mit der Jahres­zahl „1577/V. S.“ in Kartusche; der Kranz mit Früchten und Puttos wurde entfernt und die Kollane des Goldenen Vlieses eingraviert (nicht bei Posse!), die Umschrift blieb unverändert. 97) Bei Posse Siegel 3, 24, Tafel 37/3; die Kartusche mit der Jahreszahl „1578“ wurde entfernt, die Umschrift blieb unverändert; charakteristisch bei beiden Siegel in der Umschrift: „A/ST“. HHStA Reichskanzlei, Taxamt 34 b: Schwaiger an Braitschwert; dort auch, ohne Datum, Aufzeichnung Schwaigers über die Umschneidung der Siegel. ") Der Orden vom Goldenen Vlies hatte seit dem Ordenskapitel von Gent 1559 unter König Philipp II. von Spanien als Großmeister des Ordens keine Ritter mehr aufgenommen. Aufgrund der Bewilligung Papst Gregors XIII. von 1577 begann Philipp II. damit, außerhalb des Kapitels auch Ordensritter per­sönlich zu ernennen. Die erste solche Ernennung erfolgte dann am 2. Juni 1585 zu Gunsten Kaiser Rudolfs: Jo. Daniel G r u b e r - Johannes Caspar de P o g- r e 11 Vindiciae Austriacae pro Aurei Velleris Ordine (Halle 1724) 55 f. b») HHStA RTB 1588, Ausgaben, loo) HKA Hoffinanz E 1589 (Prag) 430 fol. 141.

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