Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 24. (1971)
ŽONTAR, Josef: Michael Černović, Geheimagent Ferdinands I. und Maximilians II., und seine Berichterstattung
Michael Cernovic, Geheimagent Ferdinands I. und Maximilians II. 209 erstattung des Agenten für den Kaiser auf gedeckt, und die Tätigkeit des Großdragomans wurde als Hochverrat gegen die Republik beurteilt. Daher griff man gegen die Beteiligten mit schärfsten Mitteln ein 269). Der Nuntius, Bischof Zaccaria Delfino, wurde zu lebenslänglicher Kerkerstrafe verurteilt und auf seine Ergreifung ein Preis ausgesetzt. Die Einkünfte von seinen Gütern und seinem Bistum Hvar wurden mit Beschlag belegt. Seinen Bruder Lodovico, durch dessen Hände längere Zeit die Schreiben an den Kaiser gegangen waren, ließ man festnehmen, leitete gegen ihn das Verfahren ein und schloß ihn wegen mutmaßlicher Mitschuld für zehn Jahre vom Großen Rate aus. Der Nuntius fürchtete, daß ihn der Papst aus Rücksicht auf Venedig von der Nuntiatur in Wien abberufen werde. Der Kaiser beauftragte aber seinen Gesandten, den Grafen Prospero d’Arco in Rom 27°), sich für Delfino einzusetzen. So erreichte man, daß Papst Pius IV. das Vorgehen der Venezianer mißbilligte und den Nuntius beließ, da er nur im Interesse der Christenheit gehandelt hätte271). Doch verschlechterte sich die materielle Lage des Bischofs bedeutend. Am schärfsten wünschte die Signorie mit Michael Cernovic abzurechnen. Ihm sollte man sogleich erklären, daß sein weiterer Dienst nicht erwünscht wäre. Auch dem Großwesir müsse man mitteilen: Cernovic sei ein böser Mensch, der seine Pflicht im Dienste der Venezianer nicht erfüllte und deshalb verabschiedet wurde. Doch dürfe der Bailo weder Einzelheiten über das Vergehen des Dragoman anführen noch den Kaiser erwähnen 272). Damit Cernovic nicht vorzeitig vor der ihm drohenden Gefahr gewarnt werde, sollte Barbarigo die von Kurieren nach Konstantinopel gebrachten Schreiben privater Personen durchsehen. Finde er Briefe, die Cernovic oder jemand anderem von diesen Vorkehrungen berichteten, oder chiffrierte Schreiben überhaupt, müsse er sie mit der nächsten Post den Vorständen des Zehnerrates schicken. Dem Rektor von Kotor (Cattaro), von wo meist die venezianischen Boten nach der türkischen Hauptstadt reisten, befahl man, alle Privatbriefe für zehn Tage aufzuhalten. Sogleich nach Erhalt dieser Instruktion sollte der Bailo mit Hilfe des Subasy von Konstantinopel möglichst geheim Cernovic festnehmen und in der venezianischen Gesandtschaft in Eisen legen lassen, damit er mit niemandem sprechen könne. Dann sollte er dem Großwesir mitteilen, er habe Cernovic im Aufträge der Signorie festgenommen und wolle ihn mit Erlaubnis des Großwesirs zur Bestrafung nach Venedig schaffen. Falls die Hilfe des Subasy nicht zu erhalten wäre, sollte 26») 1563 Mai 13: Turcica 17. 270) vgi. über ihn Rill Arco 11 f, über seine Beziehungen zu Delfino besonders 48 f. an) NB 11/3, XXXIV f; II/4, XVI, XXXVI f. 272) Vladimir Lamansky Secrets d’Etat de Venise (St. Petersbourg 1884) 70 f. Mitteilungen, Band 24 14