Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 23. (1970)

BENNA, Anna Hedwig: Von der erzherzoglichen Durchlaucht zur kaiserlichen Hoheit. Eine Titelstudie

Von der erzherzoglichen Durchlaucht zur kaiserlichen Hoheit 19 Die erfolgreiche Einführung eines königlichen Zeremoniells für die Kinder des Kaiserpaares ließ vermuten, daß in den nächsten Jahren Än­derungen in Titel und Rang folgen würden. Tatsächlich kam es zu Be­ginn der Fünfzigerjahre zu Beratungen über die Frage, ob der älteste Sohn Erzherzog Joseph als königlicher Erbprinz nicht eher königliche Hoheit als erzherzogliche Durchlaucht zu benennen sei104). Schon zur Zeit Leopolds I. war die Frage, ob die Erzherzoge als königliche Prinzen von Ungarn und Böhmen mit erzherzoglicher Durchlaucht oder königlicher Hoheit zu benennen seien, auf getaucht, aber vom Kaiser nicht entschie­den worden. Die Verleihung der honores regii an fremde Häuser, vor allem an das Haus Lothringen 105 *) rief die Maßgeblichen am Wiener Hof auf den Plan. Man befürchtete, das Haus Lothringen werde nach der alteza reale streben und sah sich genötigt, Vorsorge für den Rang des Erzherzogs Karl zu treffen, für den man königliche Durchlaucht oder königliche Hoheit einführen wollte, um das Erzhaus nicht gegenüber fremden Häusern zu benachteiligen. Vertragliche Vereinbarungen mit Lothringen, daß es mit dem Erzhaus nicht competiere, sondern ihm weiche, sollten die alte Vorrangstellung des Hauses Österreich auch in dieser Hin­sicht sichern Kaiser Leopold I. selbst hielt nicht viel von der Ein­führung des Titels königliche Durchlaucht oder königliche Hoheit für seinen jüngeren Sohn, für ihn bedeutete erzherzogliche Durchlaucht noch immer mehr 107). In den Gutachten der Hofkonferenz, die sich mit der Frage, ob für den Erzherzog und königlichen Kronprinzen Joseph königliche Hoheit oder erzherzogliche Durchlaucht angemessen sei, befaßten, fand sich teilweise noch die traditionelle Hochschätzung der erzherzoglichen Durchlaucht, die damit begründet wurde, daß es nur ein erzherzogliches Haus und keine anderen Prinzen, die diesen Titel führten, gab 108). Den Vertretern dieser Meinung schien vor allem die Tatsache, daß sowohl Karl V. als auch Karl VI. den Titel Erzherzog von Österreich in ihren Wahlkapitula­tionen vor den Titeln der spanischen Königreiche führten 109), als beson­ders beweiskräftig für ihre eigene Meinung. Man erklärte die Führung des Titels einer Erzherzogin und nicht einer kaiserlichen Hoheit durch Maria Theresia nach ihrer Vermählung mit der Singularität des Erzhau­ses. Der Titel kaiserliche Hoheit werde von mehreren geführt, und der 104) HHStA Ältere Zeremonialakten Kart. 53: Akten über die Errichtung eines Hofstaates für den Erzherzog Joseph. Puncta deliberanda-auskünfften und erläuterungen über nebenstehende puncta deliberanda ...; Kheven- hüller-Schlitter Tagebücher Khevenhüller Jg. 1745—49, 530 Anm. 536. ms) vgl. oben S. 13. io®) HHStA Zeremonialprotokoll n. 6 fol. 46 r—48 r. i°<) Ebenda fol. 47 rv. io») K h e ve n h ül 1 e r - S c h 1 i 11 e r Tagebücher Khevenhüller Jg. 1745 bis 49, 530 Anm. 336. io“) HHStA Allgemeine Urkundenreihe 1519 Juli 3; 1711 Oktober 12. 2*

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