Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 23. (1970)

BENNA, Anna Hedwig: Von der erzherzoglichen Durchlaucht zur kaiserlichen Hoheit. Eine Titelstudie

14 Anna Hedwig Benna der Herzog durch den lothringischen Gesandten, Frh. von Jacquemin 7B), mit Berufung darauf, daß die königliche Hoheit dem Hause Lothringen bereits vom Kaiser zugestanden worden sei, in kaiserlichen Briefen und Diplomen mit durchlauchtigst statt des bisher von dem Hofkriegsrat und der böhmischen Hofkanzlei gebrauchten Prädikats durchlauchtig- hochgeboren benannt zu werden 76 77). Die Reichshofkanzlei zeigte in ihrer Stellungnahme, daß Lothringen nicht das einzige Haus gewesen sei, dem Kaiser Leopold die königliche Hoheit zugestanden habe. Savoyen und der Großherzog von Toskana seien mit der gleichen Titulatur bedacht wor­den. Kaiser Joseph I. habe sie der Republik bezw. dem Dogen von Genua verliehen und Karl VI. selbst dem regierenden Herzog von Holstein- Gottorp 78). Wie die Titulaturbücher zeigten, wurde den damit Bedachten lateinisch serenissimus, deutsch durchlauchtig-hochgeborn gegeben, was jetzt auch noch für die Erzherzoge gebräuchlich sei. Die Reichshofkanzlei vermutete, dies sei deshalb üblich gewesen, weil die Kurfürsten damals noch nicht durchlauchtigst sondern nur durchlauchtig-hochgeborn genannt wurden. Die weltlichen Kurfürsten erhielten erst seit der Wahlkapitula­tion Karls VI. durchlauchtigst, die Könige dagegen durchlauchtigst-groß- mächtigst79). Nach Ansicht des Reichsvizekanzlers waltete gegen die Gewährung des Begehrens des Herzogs von Lothringen kein Bedenken. Allerdings setze die Gewährung des durchlauchtigst für das Haus Lothrin­gen voraus, daß dem Erzhaus die gleiche Prärogative zustünde. Im Be­lieben des Kaisers läge es aber, was er dem eigenen Haus und was er dem Haus Lothringen zuzugestehen gedächte 80). Karl VI. traf keine Ent­scheidung in dieser Frage. Als man in den Fünfzigerjahren in der Regi­stratur der Reichshofkanzlei Nachforschungen nach einer Erledigung der Referate von 1737 und 1738 anstellte, fand man keine Hinweise in den 76) Baron Jacquemin, lothringischer Gesandter in Wien 1723—34. Vgl. Re­pertorium der dipl. Vertreter 2, 205. 77) HHStA Ministerium des kaiserlichen Hauses Titel und Wappen Kart. 1, Konvolut Titel und Wappen 1753—65: Denkschrift s. d. Beilage Referate der Reichshofkanzlei 1737 Februar 9, 1738 April 28. 7S) Toskana: 1691 Februar 5 (Vgl. Schrötter Zweite Abhandlung 296 bis 299); Savoyen: 1698 März 20; Holstein: 1721 August 31 (vgl. Kheven- hüller-Schlitter Tagebücher Khevenhüller Jg. 1752—55, 467 Anm. *. 7#) Zur Wahlkapitulation Karls VI. vgl. Joh. Ziekursch Die Kaiserwahl Karls VI. (1711) (Gotha 1872) 143—148; Fritz Hartung Die Wahlkapitulationen der deutschen Kaiser und Könige in HZ 107 (1911) 339; Gerd Kleinheyer Die kaiserlichen Wahlkapitulationen. Geschichte, Wesen und Funktion (Studien und Quellen zur Geschichte des Deutschen Verfassungsrechtes Reihe A: Studien 1, Karlsruhe 1968) 98 f. Das Prädikat großmächtigst führten die Kaiser seit dem 15. Jahrhundert; vgl. Schrötter Erste Abhandlung 1, 202, sowie den bei Klaus Meyer „Kayserliche grossmächtigkeit“. Titulaturfragen bei den Ver­handlungen zwischen Kaiser und Zar 1661/62 in Zeitschrift für Ostforschung 12 (1963) 7 f dargestellten Rangstreit zwischen Kaiser und Zaren. 80) Vgl. oben Anm. 77.

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