Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 23. (1970)

BENNA, Anna Hedwig: Von der erzherzoglichen Durchlaucht zur kaiserlichen Hoheit. Eine Titelstudie

Von der erzherzoglichen Durchlaucht zur kaiserlichen Hoheit 11 II Wenige Jahre bevor Christian August Beck den Unterricht des Erz­herzogs Joseph im Staatsrecht übernahm, verlieh Kaiser Franz I. den Erzherzogen und Erzherzoginnen den Titel königliche Hoheit mit dem Prädikat durchlauchtigst an Stelle des bisher üblichen durchlauchtig hochgeboren, ein Titel, der ihnen, wie Beck ausführte, als geborenen königlichen Prinzen und Prinzessinnen ohne Zweifel zustand5#). Sehr im Gegensatz zur Zeit Karls VI. besaß das von Schrötter sogenannte „an­gehende österreichisch-lotharingische Haus“ eine Anzahl von Erzherzogen und Erzherzoginnen, durch welche, wie der Verfasser der Abhandlungen zum österreichischen Staatsrecht überzeugt war, „der größte Teil Euro­pas mit dem Haus Österreich verbunden werden konnte“ 60). Der uner­wartete, plötzliche Tod Karls VI. im Oktober 1740 bedeutete für den Wiener Hof nicht nur machtpolitisch eine Zäsur, er brachte auch tief­greifende Veränderungen im Zeremoniell des Hofes in den folgenden Jahren mit sich. Beinahe über Nacht, könnte man sagen, verwandelte sich der römisch-kaiserliche in einen königlichen Hof, an dem es eine Kaiserinwitwe, eine Königin von Ungarn und Böhmen und Erzherzogin von Österreich und einen Großherzog von Toskana gab. Einem so gewieg­ten Hofmann und Experten in Zeremoniell- und Rangfragen wie Johann Joseph Khevenhüller, der das Vertrauen Maria Theresias und Franz I. besaß, „konnte die merkliche Differenz zwischen dem alten kaiserlichen und dermahligen königlichen hof“ nicht verborgen bleiben. Seine Be­mühungen, dem Hof wieder eine Form zu geben, waren in den nächsten Jahren, bis zur Wahl des Großherzogs zum römischen Kaiser, sichtlich von Erfolg begleitet81). Mit der Wahl des Großherzogs zum Römischen Kaiser 1745 erreichte der Aufstieg des Hauses Lothringen, das seit fast einem Jahrhundert Anlehnung an den Wiener Hof gesucht und gefunden hatte, seinen Höhe­punkt. Lothringen gehörte während des Ringens der Häuser Bourbon und Habsburg zu den umstrittenen Positionen. Die Herzoge von Lothrin­gen neigten sich in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts mehr den Habs­burgern als den Bourbonen zu. Seit 1663 kämpfte Herzog Karl V. von 59 59) Beck Deutsches Staatsrecht 2. Buch 3. Hauptstück § 15 (Conrad Recht und Verfassung 496); zur Einführung des Titels königliche Hoheit vgl. Adam Wolf Aus dem Hofleben Maria Theresias (Wien 1858) 17; Kheven- hüller-Schlitter Tagebücher Khevenhüller Jg. 1742—44, 94 Anm. 6; Fred Hennings Und sitzet zur linken Hand. Franz Stephan von Lothringen, Gemahl der selbstregierenden Königin Maria Theresia und Römischer Kaiser (Wien 1961) 17, 294. G0) Schrötter Erste Abhandlung 26, 27. G1) Khevenhüller-Sehlitter Tagebücher Khevenhüller Jg. 1742 bis 44, 188.

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