Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 23. (1970)

COONS, Ronald E.: Das Dampfschiff als diplomatisches Mittel: Österreich und die englisch-ostindische Post 1842–1848

174 Ronald E. Coons nicht gestattet werden, die Politik in so ausschlaggebenden Dingen, wie der Leitung der Verbindungen innerhalb der Monarchie, zu diktieren 9ä), Als dritten Grund zur Ablehnung der Waghornschen Pläne nahm Kü- beck den Erlaß der Hofkammer von 1841, Wien als Zentrum des öster­reichischen Eisenbahnnetzes einzurichten 95 96). Soweit als möglich sollte die Hauptstadt die Monarchie wirtschaftlich, kommerziell und auch politisch beherrschen. Kübeck befürchtete, daß eine direkte Verbindung Triest— Salzburg den Handel des Hafens mit Deutschland von Wien weg nach Tirol ziehen würde. Es war dieser Einwand, der ihn auf eine indirekte Route nach Salzburg über Bruck an der Mur bestehen ließ, die dann den ganzen Handel des Hafens zuerst nordwärts führen sollte, bevor sich ein Teil westwärts wenden würde. Kübeck erwartete, daß Transporte von Triest nach Nordeuropa, an Bruck vorbei, nordwärts über Wien und Prag nach Leipzig, Dresden und andere nördlichen Städten führen würden. Kübecks Auffassung des Richtungsverlaufes des Handels bestärkte ihn als letzter Grund gegenüber dem dringlichen Anraten der Staatskanzlei. Er nahm an, daß, auch wenn Frankreich und Italien den Bau ihrer Eisen­bahnlinien vor Österreich beenden konnten, Englands Handel mit Indien natürlicherweise der besten und schnellsten Route nach Ägypten folgen würde. Er war ferner davon überzeugt, daß die Route über Triest und nicht über Marseille oder Brindisi führen würde. Falls notwendig, konnte es sich Österreich leisten, abzuwarten. Die Kübeck’sche Korrespondenz mit Metternich über die Triest—Salz­burg—Eisenbahnfrage ist nicht so sehr wegen der Gültigkeit oder der Mängel ihrer Argumente wichtig, sondern vielmehr als der Ausdruck einiger wenig anziehenden Charakterzüge des 66-jährigen Präsidenten der Hofkammer. Zu einer Zeit, in der das Nationalitätenproblem in der Monarchie mehr und mehr an Bedrohlichkeit zunahm, bestätigte Kübeck eine Doktrin des Zentralismus, die die Situation nur erschweren konnte. Überdies ließ ihn sein Mißtrauen gegenüber fremdem Kapital nicht er­kennen, daß englische Investitionen, die der Regierung eine Beschleuni­gung des Eisenbahnbaues erlaubt hätten, zahlreiche Vorteile mit sich bringen könnten. Er fürchtete die politischen Folgen, den Fremden irgendeinen Grad von wirtschaftlichem Einfluß in den alpinen Provinzen zu gewähren 97), obwohl sogar Metternich, keineswegs ein Freund mög­licher liberaler Einflüsse, bereit war, in einigen Punkten mit Waghorn einen Kompromiß einzugehen. Dem Staatskanzler mißlang es gänzlich, 95) Vgl. den Vortrag Kübecks vom 12. März 1841: FA 1344/pp ex 1841. 96) Vgl. Josef Neumayer Die Entwicklung des Weltbildes Kübecks (un­veröffentlichte Dissertation, Wien 1952) 98. 97) Vgl. Kübeck an Metternich, 6. März 1847: FA 1883/pp ex 1847: „Für kei­nen Fall dürfte es in den Ansichten Euer Durchlaucht liegen, einer ausländischen Gesellschaft, insbesondere in unseren Gebirgsländern, den Eingang und Einfluß zu eröffnen, der mit solchen Unternehmungen verbunden wäre.“

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