Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 23. (1970)

COONS, Ronald E.: Das Dampfschiff als diplomatisches Mittel: Österreich und die englisch-ostindische Post 1842–1848

Das Dampfschiff als diplomatisches Mittel 173 weiter auszudehnen, da Widerstand England zeigen würde, daß Öster­reichs angebliche Freundschaft bedeutungslos war, während die süddeut­schen Staaten und Italien die Regierung in Wien beschuldigen könnten, sie blockiere ein Vorhaben, das wichtige wirtschaftliche Vorteile versprach. Um unangenehme Komplikationen zu vermeiden, riet Hummelauer Metternich, im Moment nur eine ausweichende Antwort an Ponsonby zu senden; er sollte zusichern, daß die Monarchie die Eisenbahnlinie zwi­schen Triest und Salzburg so direkt bauen würde, wie dies sich mit den österreichischen politischen, militärischen und finanziellen Interessen ver­einbaren ließe. Einzelheiten könnten später festgelegt werden 92). Und doch hätte Metternich den Engländern antworten können, er sei nicht in der Lage, der österreichischen Eisenbahnpolitik Weisungen zu erteilen. Tatsächlich konnte er den Engländern ohne Zustimmung und Mitarbeit von Seiten der Hofkammer keinerlei Garantien geben. Er erhielt keines von beiden. Was Kübeck betraf, war das Projekt Waghorns nicht nur deshalb annehmbar, weil es vom englischen Außenministerium geför­dert wurde; Kübeck verstand die Erwägungen der Staatskanzlei, empfand aber, daß die Begründungen Hummelauers auf einer Fehleinschätzung der Lage beruhten. Waghorns Drohungen einer Eisenbahnlinie Brindisi— Verona machten auf Kübeck nicht den geringsten Eindruck. Die Italiener würden zur Fertigstellung der Linie Jahre brauchen, und bei deren Eröffnung würden die Engländer schon längst andere Arrangements für die Indische Post getroffen haben. Übrigens sollte es die Begeisterung für ein Postabkommen der Regierung nicht erlauben, den Blick für wichtigere Erwägungen zu verlieren 93). Von Kübeck aus gab es vier Bedenken gegen eine direkte Eisenbahn­linie Triest—Salzburg °4). Erstens brachte die Errichtung einer Linie durch das die beiden Städte trennende Gebirge technische Schwierigkei­ten, die ans Unmögliche grenzten und auch die Kosten untragbar machten. Zweitens waren die Bedingungen Waghorns unannehmbar, da er anbot, eine Gesellschaft zu gründen, die die Mittel zur Verfügung zu stellen hatte, mit denen der österreichische Staat die Eisenbahnlinie bauen sollte. Kübeck erwartete aber, daß die Linie in absehbarer Zukunft keinen Profit ab werfen würde, und lehnte es ab, schwere finanzielle Verpflichtungen Ausländern gegenüber einzugehen. Übrigens beruhte Kübecks gesamte Eisenbahnpolitik auf dem Prinzip, daß der Staat Initiative, Bau, Leitung und Kontrolle übernehmen solle. Vor allem dürfe es privaten Aktionären * * 92) Hummelauer an Metternich, 6. Jänner 1847: HHStA England Korr. 251; vgl. dazu Metternichs Schreiben an Palmerston vom 15. Jänner 1847: F. O. 7/336. *3) Kübeck an Metternich, 6. Jänner 1847: FA 78/pp ex 1847. m) Die folgende Darstellung beruht auf den Schreiben Kübecks an Metter­nich vom 10. Juli 1846 (FA 5510/pp ex 1846), 23. Dezember 1846 (FA 10573/pp ex 1846) und 6. Jänner 1847 (FA 78/pp ex 1847).

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