Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 23. (1970)
COONS, Ronald E.: Das Dampfschiff als diplomatisches Mittel: Österreich und die englisch-ostindische Post 1842–1848
168 Ronald E. Coons Abkommen für eine Durchreise der Kuriere durch Österreich schließen sollte71). Es war eine eigenartige Situation. Der Lloyd hatte, trotz seiner Eigenschaft als Schiffahrtsgesellschaft, mit der Beförderung der Post von Alexandria nach Triest nichts zu tun, dagegen alles mit einer Überlandreise von Triest nach Ostende. Die Gesellschaft war tatsächlich ein Prellbock für den Staat, da er mehr als der Lloyd an einem Erfolg gewinnen konnte. Was auch immer die Staatskanzlei für den allgemeinen Gebrauch bekanntgab, der Transport der ostindischen Post durch Österreich hatte für Metternich doch den höchsten Wichtigkeitsgrad. Außerdem gab es einen sehr tunlichen Grund, die Vorbereitungen dem Lloyd zu überlassen. Einen Kurierdienst durch die Monarchie von Triest nach Innsbruck zu organisieren, brachte viele technische Schwierigkeiten. Baron Kübeck unterrichtete Metternich im Jänner 1846 davon, daß es entlang den Straßen, die Waghorn reisen sollte, keine zufriedenstellenden Expreßpostrouten gab. Die normale Post von Triest nach Tirol folgte einem ausgezeichneten Straßennetz nördlich in Richtung Wien, bevor sie sich nach Westen wandte. Daher waren die Zwischenstationen, die die Postverwaltung entlang Waghorns Route unterhielt, nicht so ausgerüstet, um an einem Wettlauf mit der Zeit teilzunehmen. Um zum Beispiel die schweren Postkisten unterzubringen, würden stärkere Kutschen, neue Zwischenstationen und etwa 700 Pferde benötigt werden; das alles konnte auf Grund einer so knapp vorher erfolgten Ankündigung nicht zur Verfügung gestellt werden. Kübeck fürchtete, daß, falls der Staat selbst aktiv an den Probefahrten teilnähme, er auch die Schuld an einem Scheitern teilen müßte. Daher war es angebracht, die Verantwortung auf eine Privatgesellschaft abzuwälzen, da es sich die Monarchie nicht leisten konnte, den guten Ruf des ausgezeichneten Postsystems, dessen sie sich verdienterweise in Europa erfreute, zu verlieren. Kübeck sagte keine Niederlage voraus; er wollte nur rückversichern. Falls die Postverwaltung genug Zeit gewinnen konnte, um Verbesserungen durchzuführen, war jeder Grund gegeben, einen Sieg zu erwarten 72). Verspätungen in London gaben Kübeck die gewünschte Zeit. Wie zu Beginn 1846 abgemacht, sahen die ursprünglichen Pläne für die Probefahrten sechs monatlich durchgeführte, im Mai beginnende Rennen zwischen zwei Kurieren, die die Indische Post beförderten, vor, von denen der eine über Frankreich, der andere über Belgien, Deutschland und Österreich reisen sollte73). Die englische Admiralität sollte ein Dampfschiff für die Reise zwischen Alexandria und Triest zur Verfügung stellen und das Finanzministerium sollte 3000 Pfund dem vom Lloyd und der Ostindischen Handelskompanie gestellten Kapital zur Finanzierung des 71) Metternich an Kübeck, 11. Dezember 1845: FA 9776/pp ex 1845. 72) Vgl. Kübeck an Metternich, 31. Jänner 1846, und den Vortrag Kübecks vom 14. Februar 1846: FA 1886/pp ex 1846. 73) Edlmann an den Lloyd, 18. Februar 1846: FA 1845/pp ex 1846.