Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 23. (1970)

COONS, Ronald E.: Das Dampfschiff als diplomatisches Mittel: Österreich und die englisch-ostindische Post 1842–1848

Das Dampfschiff als diplomatisches Mittel 165 weise dadurch ein, daß er die Strecke zwischen Duino und London schnel­ler als irgendjemand es erwartete, zurücklegte; während die österrei­chische Postverwaltung eine Reisedauer unter 110 Stunden für unwahr­scheinlich hielt, benötigte Waghorn tatsächlich nur 99 s/4 Stunden 61). Waghorns Eintreffen in London mit Nachrichten aus Indien vor der Ankunft des Kuriers aus Marseille, hatte auf die Regierung und die öffentliche Meinung die erwünschte Wirkung. Am 3. November sandte der österreichische Gesandte, Graf Dietrichstein, Ausschnitte der Londoner Presse an Metternich und bezog sich auf die „erfreuliche Sensation“, die die Resultate hervorriefen. Die Morning Post zum Beispiel, drückte ihre antifranzösische Einstellung aus, als sie schrieb, „it is something to be independent of our jealous, irritable neighbours“. Die Times berichtete ihrerseits am 31. Oktober, daß „Mr. Waghorn has now placed beyond a doubt the possibility of effecting a shorter route for overland commu­nications than at present carried on through France. Temporary obstacles may prevent the service being performed with certainty throughout the year, but when these shall have been removed... then there is every reason to expect that even further advances may yet be made in shor­tening the period occupied in the transmission of the despatches“62). Am allerwichtigsten aber war die Reaktion der Ämter. Ende November berief Aberdeen Waghorn zu sich und teilte ihm mit, daß die Regierung bereit sei, ihn auf ihre Kosten sechs weitere Probefahrten unternehmen zu lassen, um zu entscheiden, ob er seinen Erfolg wiederholen könne 63 *). Die Regierung hatte angebissen. Zur gleichen Zeit beging Paris einen groben Fehler, der das Argu­ment einer geänderten Route nach Alexandria bekräftigte. Im Dezember bereitete sich der Außenminister Guizot darauf vor, die Wirkung von Waghorns Probefahrt vom Oktober durch einen eigenen Coup auszu­gleichen. Um die Times für ihr Lob Waghorns zu strafen, stellte er dem profranzösischen Morning Herald, einem erbitterten Rivalen der Times, einen Spezialdampfer der französischen Marine zur Verfügung, der die Berichte von Alexandria direkt nach Marseille bringen sollte, ohne, wie es die englischen Schiffe taten, in Malta einzulaufen. Dadurch wurde es dem Morning Herald ermöglicht, Nachrichten aus Indien vor seinen Kon­kurrenten zu veröffentlichen. Das war ein sehr unkluger Zug. Es deutete nämlich alles darauf hin, daß die Times weiterhin die Route durch Frankreich in ihrem Verkehr mit Indien, trotz Waghorns Erfolg, zu 61) Oberste Hofpostverwaltung an die Hofkammer, 5. Juni 1845: FA 4407/pp ex 1845. Über das Resultat des Versuches siehe FA 9022/pp und 8559/pp ex 1845. 62) Vgl. den Bericht Dietrichsteins an Metternich, 3. November 1845: HHStA England Korr. 247, die Ausschnitte aus der Morning Post und The Times vom 1. November 1845 enthalten. *3) Metternich an Kübeck, 10. Dezember 1845: FA 9738/pp ex 1845.

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