Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 23. (1970)
COONS, Ronald E.: Das Dampfschiff als diplomatisches Mittel: Österreich und die englisch-ostindische Post 1842–1848
164 Ronald E. Coons dessen Entschluß, über die Franzosen zu siegen, niemals nachließ, erkannt, daß es notwendig war, öffentlich die Überlegenheit der österreichischen Route zu beweisen, ehe man in Verhandlungen mit der Regierung eintrat. Während Metternich wartete, war Waghorn tätig. Nochmals, wie im Jahre 1842, sprachen die Engländer von einer Probefahrt58). Diesmal blieb aber das Projekt in Privathand. Obwohl das Außenministerium Waghorns Absichten kannte, nahm es nicht an dem Unternehmen teil und gab Weisungen, keine Hilfe oder Unterstützung bei den ausländischen britischen diplomatischen Vertretungen zu suchen 59). Statt dessen verließ sich Waghorn auf die finanzielle Unterstützung der Ostindischen Handelskompanie und auf die europäischen Geschäftsverbindungen des Lloyd, der nun als aktiver Partner in das Projekt eintrat. Am 18. Mai 1845 erreichte Waghorn auf seinem Weg nach Alexandria Triest. Während der sechs in der Stadt verbrachten Tage erklärte er sorgsam seinen Plan für eine im Oktober angesetzte Versuchsfahrt und führte Graf Stadion eindringlich die Notwendigkeit einer Zusammenarbeit mit der österreichischen Regierung vor Augen. Er erklärte, daß er gleich nach dem Eintreffen der am 1. Oktober von Bombay abgesandten Depeschen in Alexandria die Privatpost der Ostindischen Handelskompanie an Bord eines dem Lloyd eigenen Dampfers nehmen und direkt nach Duino, im Nordwesten von Triest, segeln werde. Von hier aus werde er quer durch Europa nach England eilen, in der Hoffnung, London mit Nachrichten zur Veröffentlichung vor der offiziellen, über Marseille einlangenden Post zu erreichen. Waghorn betonte, daß ein Erfolg sorgsame Vorbereitungen erfordere, und erhielt, als er sich am 24. Mai auf den Weg nach Ägypten machte, von Stadion die Versicherung, daß bei seiner Rückkehr im Oktober alles bereit sein würde 60). Die in diesem Monat abgehaltene Probefahrt war ein persönlicher Triumph Waghorns und dazu ein Sieg des Lloyd, der die Durchführung organisiert hatte. Jahre hindurch hatte Waghorn geredet; nun lieferte er Ergebnisse. Nachdem er Alexandria am 20. Oktober verlassen hatte, erreichte er am letzten Tag des Monats, innerhalb von 255 Stunden, London. Im Gegensatz dazu langte die über Marseille beförderte Post in London, die Ägypten nicht vor dem 22. Oktober verließ, am 2. November, nach 269 Stunden Wegzeit ein. Waghorns Leistung, den offiziellen Expreßdienst um vierzehn Stunden zu schlagen, war umso eindrucksvoller, als er in Duino mit 26 Stunden Verspätung auf Grund von hohem Seegang in der Adria einlangte. Waghorn brachte diese Verspätung teil— 5S) Waghorn begann im Frühjahr 1844 Pläne auszuarbeiten: vgl. die Berichte Hummelauers vom 27. April 1844 (HHStA Administrative Registratur F 38/7) und 7. Mai 1844 (HHStA England Korr. 244). 59) Stadion an Kübeck, 7. Mai 1845: FA 3851/pp ex 1845. o°) Stadion an Kübeck, 25. Mai 1845: FA 4371/pp ex 1845.