Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 23. (1970)
COONS, Ronald E.: Das Dampfschiff als diplomatisches Mittel: Österreich und die englisch-ostindische Post 1842–1848
162 Ronald E. Coons mens gehabt hätte. Es war finanziell unmöglich, ein Verbindungssystem zwischen Ostende und Triest mit einem Jahresaufwand von 5.500 Pfund zu betreiben, umsomehr als schon 6000 Pfund den deutschen, in das Projekt eingeschlossenen Staaten versprochen worden war. Wien konnte also nicht hoffen, Paris zu unterbieten52). Und während die Bedingungen Dubosts einem preisbewußten Finanzministerium angenehm waren, waren seine Versprechungen einer zukünftigen Zufriedenheit, gepaart mit den Interventionen des französischen Botschafters im Außenministerium, von beachtlicher Bedeutung. Daher unterrichtete die Regierung in London am 1. Dezember den Konsul in Triest, daß Waghorn nicht auf eine Probefahrt mit der Indischen Post gesandt werden solle53). Da nun Paris wußte, daß eine Route über Triest in Betracht gezogen worden war, gab es keinen Grund, die Probefahrt privaten Händen anzuvertrauen. Seit eine Entscheidung zugunsten Marseilles getroffen schien, bestanden tatsächlich triftige Gründe für die Verheimlichung der Vorteile Triests, — soferne sich Waghorns Versprechungen als richtig heraussteilen sollten. Daher übernahm die Regierung die direkte Leitung des Versuchs und entsandte einen Offizier der Royal Horse Artillery, Captain John Bloomfield, um die möglichen Routen von Belgien zur Adria zu überprüfen. Nach zweimonatigem Aufenthalt auf dem Kontinent berichtete Bloomfield, daß seiner Meinung nach ein Kurier in 118 Stunden von Triest nach Ostende reisen könnte54). Bloomfields Bericht war aber nicht für den öffentlichen Gebrauch bestimmt. Waghorn hatte zwar recht mit der Behauptung, daß die Reise in fünf oder sechs Tagen zurückgelegt werden könne, doch erneuerten die Engländer nichtsdestoweniger ihren Vertrag mit den Franzosen55). Es ging nicht allein darum, daß das Finanzministerium letztlich Wirtschaftlichkeit der Geschwindigkeit vorzog. Im Rückblick auf die Geschehnisse von 1842 schrieb Edlmann die Verantwortung richtigerweise dem Außenministerium zu: „Daß... Lord Aberdeen, der sich eben so sehr durch gar große Vorsicht auszeichnet, wie früher Lord Palmerston durch zu große Kühnheit, — sehr zu vermeiden suche, eine Frage, wie diejenige der Änderung der ostindischen Post-Route, aufzufassen, welche die Französische Reizbarkeit erwecken könnte, ist wohl ganz natürlich“ 56). Die Entente Cordiale hatte das Ringen gewonnen. Metternich sah das ,perfide Albion' am Werk. Da seine Erwartungen unrealistisch hoch waren, traf ihn das Scheitern umso bitterer. Er war überzeugt, die Engländer hätten ihn vorsätzlich irregeführt. Im Mai 1843 52) Neumann an Metternich, 20. Jänner 1843: HHStA England Korr. 241. Belgien sollte zusätzlich 2000 Pfund erhalten, während Österreich selbst 3000 Pfund für Bezahlung der Pferde, Kutscher und Kutschen verlangte. 8S) Foreign Office an Sorell, 1. Dezember 1842: F. O. 7/306. 54) Sidebottom The Overland Mail 99—100. sä) Edlmann an Hummelauer, 15. April 1843: FA 4630/pp ex 1843. s«) Ebenda.