Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 23. (1970)
GARMS-CORNIDES, Elisabeth: Marginalien des 18. Jahrhunderts zu zwei Biographien des Grafen Karl Firmian
136 Elisabeth Garms-Cornides Vigil, Laktanz und Karl Firmian — der, geistig unterdurchschnittlich bemittelt, bei den Benediktinern in Ettal untergebracht worden sei30). Neben den vier begabten Brüdern ist der arme „frater Leopoldus“ nicht nur von den Panegyrikern wie Mazzetti, sondern sogar von neueren genealogischen Werken totgeschwiegen worden 31), bis — wenn wir von Sperges absehen — in der Zeitschrift Ettaler Mandl in einem Aufsatz auf die Beziehungen der Familie Firmian zu Ettal hingewiesen wurde. Dabei gedachte der Autor nicht nur des berühmten Altettalers Karl Firmian, sondern plauderte auch die Existenz von dessen Bruder Jakob, mit Ordensnamen Leopold, aus32). Keine der beiden Biographien erwähnt, daß Karl Firmian zum geistlichen Stand bestimmt gewesen wäre33). Sperges allerdings weiß davon und berichtet sogar, Firmian habe viele Jahre lang ein „collarino“ getragen 34). Tatsächlich belegt ein Brief Leopold Ernst Firmians an seinen Onkel Dominik Anton Thun, Fürstbischof von Trient, daß Karl „essendosi . .. rissolto ad abbracciare lo Stato Ecclesiastico“ von seinem älteren Bruder Leopold Ernst die vier niederen Weihen erhalten habe 35). 30) M/A r c o Elogio 14: „(Ettal) ... ove il fratello piü cadeto, e affatto scemo fu poscia ricevuto fra que’ Benedettini, assumendo il nome di Fra Leopoldo“. M/V illa Vita 7 „... bardus omnino et hebes“. Nach Tovazzi (s. Anm. 32) war „Fra Leopoldo“ nicht der jüngste Bruder, sondern, 1711 geboren, der dritte Sohn nach Leopold Ernst (geb. 1708) und Laktanz (geb. 1709). 31) Ludwig Heinrich K r i c k 212 Stammtafeln adeliger Familien, denen geistliche Würdenträger des Bistums Passau entsprossen sind (Passau 1924) 93 Nr. 40. 32) P. Placidus Glasthaner Karl Josef Graf von Firmian. Ein Altettaler in Ettaler Mandl 32 (1952) 1, 12—19. Für die Daten Jakob Firmians (1711—1784) stützt sich Glasthaner auf eine handgeschriebene Genealogie der Firmian des Lokalhistorikers Tovazzi (Ms. im Franziskanerkloster Santa Maria delle Grazie, Trento). Jakob Firmian ist in Ettal begraben. 33) Mazzetti weiß davon, daß Firmian die vier niederen Weihen und die Tonsur erhalten hat. Als Quelle gibt er ein ungedrucktes Werk an: Variae Inscriptiones tridentinae aliaeque veteres ac recentes quas collegit ... J. C. Chrysostomus de Avolano (Mazzetti Vita e reggimento: Trento, Bibi. Com. Ms. 1405, 32 Anm. a). Um seinem Helden einen eventuellen Vorwurf zu ersparen, tut Mazzetti den Hinweis mit der Bemerkung ab, es habe sich dabei um eine Mode gehandelt, der keinerlei ernste Absichten hätten zugrunde liegen brauchen. 34) M/Arco Elogio 13; M/V ill a Vita 15: „et ipse sacris olim destinatus a genitore e patruo“. 35) Bibi. Ferd. Dipaul. 1285: Briefe an Fürstbischof D. A. Thun von Trient 1741—1743. Darin Brief Leopold Ernst Firmians, datiert Salzburg 1743 Nov. 15: Leopold Ernst, damals schon Bischof von Seckau, hatte die Absicht, dem jüngeren Bruder sein Amt und seine Einkünfte als Kanoniker und Dompropst von Trient zu überlassen, kann sich aber in Anbetracht der „tempi calamitosi“ nicht zu dieser Großzügigkeit entschließen. So fragt er bei seinem Onkel an, ob er Karl vielleicht das Kanonikat überlassen, sich selbst aber die Propstei behalten könne.