Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 23. (1970)
GARMS-CORNIDES, Elisabeth: Marginalien des 18. Jahrhunderts zu zwei Biographien des Grafen Karl Firmian
Marginalien des 18. Jhdts. zu zwei Biographien des Grafen Karl Firmian 135 gegeben ä?). So verwirrt es einigermaßen, wenn Sperges in seinen Marginalien, die jedenfalls nach Erscheinen dieser beiden Bände verfaßt sind, berichtet, das Manuskript der Historia ortus progressusque Lutheranorum in Archiepiscopatu Salisburgensi sei im Besitz des dritten Bruders, des schon erwähnten Hofkaplans im Ruhestand, Bernardino de Gaspari. Er, Sperges, und Leporini hätten als Testamentsvollstrecker die Aufgabe gehabt, es herauszugeben. Da aber der Fürsterzbischof von Salzburg, Hieronymus Colloredo, behauptet habe, die de Gaspari einst „publica auctoritate“ abgenommenen Collectanea, die den Dokumentenanhang des Werkes hätten bilden sollen, seien unauffindbar, sei das Projekt eines posthumen Drucks der Historia eingeschlafen * 28). Wir können vermuten, daß es um die Herausgabe der erhaltenen Manuskripte des Verstorbenen Auseinandersetzungen gegeben hat und daß des Bruders Lazzaro Edition von dem gekränkten Testamentsvollstrecker ignoriert wurde — doch paßt das nicht wirklich zu dem Charakter unserer Marginalien. So wird man eher annehmen, daß Sperges den traurigen Fall de Gaspari mit der Zeit aus den Augen verloren hat. Was aber lesen wir über Karl Firmian selbst am Rande — hier wörtlich — seiner offiziellen Biographien? Wir hörten schon, daß Sperges der allzuweit zurückgreifenden Familiengeschichte, wie sie Arco bringt, keinen Glauben schenkt29). Dafür verrät er uns die Existenz eines fünften Bruders — neben Leopold Ernst, 27) De Protestantium Germanorum, in Catholicos gestis (Venezia 1775); Archiepiscoporum Salisburgensium res adusque Westphalicos conventus in Lutheranismum gestae (Venezia 1779). S. zu diesen Fragen Cetto Uno storico trentino in Studi trentini 30 (1951) 84 ff. 28) M/V illa Vita 10. — In der Vita de Gasparis (erschienen 1770) wird erwähnt, daß de Gaspari seinen beiden Testamentsvollstreckern seine Manuskripte anempfahl; „Dal valore e dallo zelo dei medesimi s’avrebbe potuto sperare con fondamento, di vederli almeno in gran parte dati alia luce, se non fosse seguita la fatale sciagura testé accennata, la quale riusci loro di molto acerbo, massimamente perché in quel luttuoso general guasto peri la grand’opera De caussis Imperii Romanorum Germani“ (Vita 198). Das große Unglück war de Gasparis völlige Sinnesverwirrung am Ende seiner Tage, in der er Briefe und Manuskripte vernichtete. Auf den Wahnsinn spielt Sperges an: M/V ill a Vita 8. Nach einem Brief des Bruders Lazzaro befand sich 1763 das Manuskript des zweiten Teils im Konsistorialarchiv von Salzburg. Für seinen Verbleib dortselbst spricht die Tatsache, daß 1790 in Salzburg ein Werk erschien, das offensichtlich eine Übersetzung daraus darstellt: Franz Xaver Huber Aktenmäßige Geschichte der berühmten Salzburgischen Emigration. Aus dem lateinischen Manuscript des ehemaligen Hofmeisters der hochfürstlich-salzburgischen Edelknaben Joh. Bapt. de Casparis; Cetto Uno storico trentino in Studi trentini 30 (1951) 85 Anm. 127 und 374. Sternnote. 29) Hierher gehört es auch, wenn Sperges Otto K o p t i c k, den Verfasser des allerdings ziemlich haarsträubenden Opus Mundus Firmianus seu Phisica particularis: mundum, caelum, elementa, generationem ... complectens ... et publico certamini exposita die 27 augusti anno 1734 Salisburgi (Salzburg 1734) kurz als „impostore famoso“ bezeichnet: M/A reo Elogio 10.