Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 19. (1966)

WEINZIERL-FISCHER, Erika: Die Bedeutung des Zeitungsarchivs Borgs-Maciejewski für die zeitgeschichtliche Forschung

572 Literaturberichte absichtlich zerstört habe, zurück. Die letzte Verantwortung treffe die herr­schenden Kreise Österreich-Ungarns, welche allein die Macht besessen hätten, die Völker zu versöhnen oder zurückzustoßen; schon vor dem Ende hatten sie jedoch selbst die Überzeugung von ihrem Recht zur Herr­schaft verloren. Nochmals unterstreicht Zeman, daß die nationalen Massenbewegungen am Ende des Krieges von den habsburgfeindlichen Strömungen der Vorkriegszeit deutlich unterscheidbar seien und oft durch Fehler der Regierung gefördert wurden. Der erstarrte Dualismus verkom­plizierte die Probleme wesentlich — ein Gesichtspunkt, der freilich in der vorliegenden Arbeit eher zu kurz kommt. Zemans Studie, deren Reichhaltigkeit hier nur angedeutet werden konnte, bildet zweifellos einen sehr interessanten und wertvollen Beitrag zum Verständnis des Endes der Habsburgermonarchie und widerlegt so manche einseitige Vergröberung und Entstellung. Zahlreiche Quellenzitate verleihen der Darstellung große Lebendigkeit und Anschaulichkeit. Der Autor ist sichtlich bemüht um eine ruhige und unparteiische Würdigung der Vorgänge. Er hat auf viele sehr wesentliche Aspekte der Entwicklung hingewiesen, dabei freilich andere doch wohl etwas vernachlässigt oder vielleicht als bekannt vorausgesetzt. Zum Teil liegt dies, wie der Unter­titel „Studie über nationale und soziale Revolution“ unterstreicht, in der Zielsetzung der Arbeit begründet, zum Teil ist es wohl aus der inten­siven Vertrautheit Zemans mit der tschechischen Frage zu erklären, die sich auch in dem sehr ausführlichen Literaturverzeichnis bekundet. Inter­essante Abbildungen und drei Übersichtskarten bereichern dieses schöne Buch. Walter Wagner (Wien). Archivkunde Grundsätze der Wertermittlung für die Aufbewahrung und Kassation von Schriftgut der sozialistischen Epoche in der Deutschen Demokratischen Republik, hgg. v. d. Staatlichen Archivverwaltung im Ministerium d. Innern d. DDR., Potsdam 1965, 63 S. Die „Grundsätze“ sind auf die besonderen Verhältnisse der DDR. zu­geschnitten, die Wertermittlung ist grundsätzlich unter den Blickpunkt des dialektischen und historischen Materialismus gestellt. Das ist eine Frage der Methode, das Ziel verdient jedoch das Interesse der allge­meinen Archivistik. Denn auch anderwärts stehen die Archivare vor ähn­lichen Problemen. Freilich ist nicht überall der Behörden- und Wirtschafts­apparat so restlos durchorganisiert. Manches Schriftgut, das die „Grund­sätze“ zu bewerten suchen, ist in anderen Ländern der Einflußnahme der Archive entrückt, weil dort für zahlreiche Registraturbildner der Grundsatz: Minima non curat praetor vorherrscht. Die Trennung zwischen historischem und praktischem, daher befristetem, Wert des Schriftgutes besteht wohl überall. Daß man dem Massenschriftgut schon an den Ent­stehungsstellen Dämme setzen muß, ist gleichfalls allgemeine Überzeu­gung. Die „Grundsätze“ erweisen deutlich, daß diesen Dingen, wo es

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