Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 19. (1966)

WEINZIERL-FISCHER, Erika: Die Bedeutung des Zeitungsarchivs Borgs-Maciejewski für die zeitgeschichtliche Forschung

Rezensionen 571 zeigt. Schließlich erörtert Zeman noch die Wirkung der bolschewistischen Propaganda auf die Kriegsgefangenen, die dann nach dem Friedensschluß im Osten heimkehrten und an vielen Orten Meutereien verursachten. Der Hauptfehler der Regierung sei es gewesen, daß sie nur die soziale Kom­ponente der revolutionären Bewegungen bekämpfte und dabei die viel stärkere nationale übersah. Der „Sieg der Radikalen“ (Kapitel 6) kam in den ersten Monaten des letzten Kriegsjahres. Die heftigen Spannungen mit Deutschland in der polnischen Frage und im Zusammenhang mit dem rumänischen Frieden sowie der Vertrag mit der Ukraine entfremdete die Polen völlig der Monarchie. Die radikale Mittelschichte übernahm nun bei ihnen die Führung. Der Canossagang Kaiser Karls nach Spa wegen der Sixtus­affäre erregte heftigen Widerstand auch bei nichtslawischen Politikern wie Redlich und Karolyi. Sowohl Befürworter einer festeren Haltung gegen die Slawen als auch deren radikale Elemente erhielten neuen Auf­trieb. Pläne zu einer subdualistischen Lösung der südslawischen Frage beschäftigten Regierungskreise, aber nach Cattaro und der Meuterei in Mostar wuchs die Tätigkeit der „Grünen Kader“ und der Gedanke der südslawischen Einheit wurde bereits offen vertreten. Den Tschechen schenkte man von Seiten der Regierung weniger Aufmerksamkeit, andererseits war aber schon aus wirtschaftlichen und geographischen Gründen die Erhaltung der böhmischen Länder für die Monarchie eine Lebensnotwendigkeit. In diesem Raum spielte auch die soziale Frage eine große Rolle, die Einigung der radikalen Kräfte war besonders schwierig. Interessant ist, daß die Rede Lloyd Georges und Wilsons vier­zehn Punkte bei den Tschechen große Enttäuschung auslösten, da die Auflösung der Monarchie nicht ausdrücklich erwähnt wurde. Dieses Problem leitet über zum 7. Kapitel, „Triumph der Exilpolitiker“. Die Erfolge der deutschen Frühjahrsoffensive überzeugten nun doch vor allem die militärischen Kreise der Alliierten von der Notwendigkeit einer psychologischen Kriegführung und der Nützlichkeit einer Zusammenarbeit mit den Exilregierungen. Zeman schildert eingehend die sehr komplexe Situation, die Rolle Seton Watsons und vor allem Steeds, der sich be­sonders um eine Aussöhnung zwischen Italien und den Südslawen be­mühte. Neben diesem Problem gab es jedoch auch Konflikte zwischen Ru­mänen und Südslawen wegen des Banats, zwischen Tschechen und Polen wegen Teschen und Karpathorußland. Sehr eingehend werden die Tätig­keit der tschechischen Legion in Rußland und die in ihr wirkenden vielfältigen Strömungen untersucht. Diese Kämpfe verschafften den Tschechen größere Beachtung im Lager der Alliierten und im Verlauf des Sommers errang ihr Nationalkomitee endlich die Anerkennung als Re­gierung und als kriegführende Macht. Das Ende des Reiches bildet den Inhalt des letzten Kapitels, das sich zuerst mit den böhmischen Ländern, dann mit den deutschen Gebieten und zuletzt mit der ungarischen Reichshälfte beschäftigt und wiederum die Vielschichtigkeit der Entwicklung deutlich herausarbeitet. In den Schlußbetrachtungen weist Zeman die Behauptung, daß die Entente im Oktober 1918 oder durch den Friedensvertrag die Monarchie

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