Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 19. (1966)
WEINZIERL-FISCHER, Erika: Die Bedeutung des Zeitungsarchivs Borgs-Maciejewski für die zeitgeschichtliche Forschung
Rezensionen 569 bezüglich einer vorwiegend antihabsburgischen Stimmung in den Ländern der Wenzelskrone schon vor dem Krieg betont. Auch zeigt er bereits in diesem Kapitel Differenzen in der Haltung ziviler und militärischer Stellen auf. Bei den Südslawen dürfte die Loyalität der Kroaten in den letzten Jahren vor dem Krieg etwas überschätzt sein. Zeman konzentriert sich in diesem Raum auf die serbische Aktivität sowohl kultureller wie terroristischer Färbung und unterstreicht, daß alle Attentäter habsburgische Untertanen serbischer Nationalität waren; durch ihre Taten wollten sie Unruhe wachhalten, weshalb gerade die Tendenzen des Thronfolgers in Richtung auf einen Trialismus und den Schutz serbischer und kroatischer Interessen ihren Unwillen erregten. Die Rolle Hartwigs und die Mitwisserschaft Pasié’ an dem Attentat sowie dessen Konflikt mit den Militärs in der mazedonischen Frage werden gleichfalls erwähnt. Ferner unterstreicht Zeman, daß die österreichischen Behörden wohl sehr gut über die Narodna Odbrana, nicht aber über die „Schwarze Hand“ informiert waren. Unter der Überschrift „Die Ostfront“ beleuchtet Zeman vor allem die Bedeutung der Haltung des Militärs, kritisiert Conrads politische Interessen und seine Ansichten zur Nationalitätenfrage sowie allgemein die mißtrauische und feindselige Einstellung der Militärs gegen die slawische Bevölkerung, welche eine neue Art habsburgfeindlicher Einstellung zur Folge hatte und mehrfach zu Reibungen und Machtkämpfen zwischen zivilen und militärischen Stellen führte. Besonders das Kriegsüberwachungsamt habe viel zu den Reibungen beigetragen. Die wachsende Macht der Armee zeigte sich nicht zuletzt in einer Beschränkung der bürgerlichen Freiheiten. Die Nichteinberufung des Reichsrates bis 1917 aus Furcht vor den Slawen und Überschätzung der monarchiefeindlichen Strömungen führte dazu, daß man eine Ermunterung der loyalen Elemente versäumte. Im Gegensatz zur Meinung mancher anderer Historiker unterstreicht Zeman das Funktionieren der Mobilisierung und die Verläßlichkeit der Armee bis 1918 trotz national gemischter Zusammensetzung. Allein ihre Leistungen in vier Kriegsjahren seien die beste Widerlegung gegenteiliger Ansichten. Selbst bei dem Überlaufen des IR 28 im Jahre 1915 sei es zweifelhaft, ob es sich wirklich um Desertion aus nationalen Motiven oder, wie Masaryk erklärte, aus allgemeiner Abneigung gegen den Krieg handelte. Die späteren Schwierigkeiten der tschechischen Emigranten bei ihren Werbungen für die tschechische Legion unter den Kriegsgefangenen in Rußland legten eher die zweite Version nahe. Das dritte Kapitel „Austria delenda est“ behandelt die zögernden Anfänge der politischen Kriegführung, die durch die Erklärung des Großfürsten Nikolaus an die Nationalitäten im September 1914 eröffnet wurde, während die Westmächte kaum Interesse an der allmählich einsetzenden südslawischen und tschechischen Emigration nahmen. Neben dieser Interesselosigkeit bildeten für die Südslawen der Londoner Pakt und ein Mangel an Kontakt mit den zurückgebliebenen Politikern, für die Tschechen die Uneinigkeit sowohl der Exilpolitiker als auch der Parteien in der Heimat beträchtliche Erschwerungen. Bei den Tschechen blieb vor