Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 19. (1966)

WEINZIERL-FISCHER, Erika: Die Bedeutung des Zeitungsarchivs Borgs-Maciejewski für die zeitgeschichtliche Forschung

Rezensionen 567 rufung der Republik. Als es aus verschiedenen Ursachen nicht dazu kam, lediglich eine Ausfuhrsperre für Lebensmittel aus Böhmen eintrat, kehrte der Kaiser wieder zu dem ursprünglichen Text zurück, den er offenbar in der Wirkung auf das Ausland für geeigneter hielt. Nicht zu vergessen ist, wenn in jenen Tagen in der Öffentlichkeit von einem Staat Deutsch­österreich als Teil eines Bundes gesprochen wurde, so immer in der Vor­aussetzung, daß die deutschbesiedelten Randgebiete Böhmens und Mährens in diesen einbezogen würden. Von dem Verdienste Rumplers um die Aufhellung der Textgeschichte des Manifestes ist schon eingangs die Rede gewesen. Ergänzend kann gesagt werden, daß die Niederschrift vom 1.—10. April 1920, die sich zur Entstehungsgeschichte des Manifestes im privaten Nachlaß von Max Hus- sarek gefunden hat, in demselben Jahr das Substrat einer Veröffent­lichung gebildet hat, die am 6. Juni unter dem Namen des Sektions­chefs Dr. Albin Schager in der Zeitschrift: Das neue Reich 2, 585—587, erschienen ist (Das kaiserliche Manifest vom 16. Oktober 1918). Einbe­gleitend vermerkt die Schriftleitung, daß dieser aus den allerersten Quellen schöpfen konnte. Jedermann, auch Opocensky, hat sofort an Hussarek gedacht. Die Zitate, die jetzt Rumpler aus dem Originalmanu­skript des Ministerpräsidenten bringt, machen diese Vermutung zur Ge­wißheit. Walter Goldinger (Wien). Zeman Z. A. B., The Break-Up of the Habsburg Empire 1914—1918. A Study in National and Social Revolution. Oxford University Press, London — New York-Toronto 1961, XVI und 274 S., 13 Abb., 3 Karten. Zeman will in der vorliegenden Studie endgültig die Frage beant­worten, ob die Habsburger-Monarchie von innen heraus oder durch die Entscheidung der Entente zerbrach. Zu diesem Zweck untersucht er die vor allem in der englischen Forschung bisher kaum beachteten Kriegs­jahre und das Zusammenwirken zwischen Exilpolitikern und Radikalen in der Heimat, um das Zusammenspiel der verschiedenen Faktoren und deren Wandlungen im Verlauf des Krieges zu erkennen. Als stärkstes Element erscheint ihm der radikale Nationalismus, der nach der russischen Revolution eine westliche Orientierung annahm. Wirtschaftliche Schwierig­keiten und bolschewistische Propaganda verschärften die revolutionäre Situation, doch kam es auf österreichischem Boden nirgends zu einem ernsten Konflikt zwischen nationaler und sozialer Revolution, wie er sich in dem Kampf der tschechischen Legion Masaryks gegen die Bolsche­wisten abzeichnete. Den Hintergrund der Entwicklung bilden der Kampf zwischen militärischen und zivilen Autoritäten vor allem am Anfang des Krieges, die Hegemoniewünsche der deutschen Politiker der west­lichen Reichshälfte, die Unfähigkeit der Regierung, ihre Fehlinterpre­tation der Lage und das Versagen Österreich-Ungarns sowie Deutsch­lands gegenüber dem Nationalitätenproblem am Beispiel Polens. Eingangs kritisiert Zeman die scharfe Teilung in Sieger und Besiegte sowie den Versuch der Schaffung von Nationalstaaten in einem national gemischten Gebiet, der nach zwanzig Jahren überraschend schnell

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