Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 19. (1966)

STRNAD, Alfred A.: Pietro Corsinis Legation an den Kaiserhof. Zu den Beziehungen zwischen Reich und Kurie in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts

10 Alfred A. Strnad mußte er dazu einen wirkungsvolleren Ausgangspunkt besitzen, als dies das südfranzösische Städtchen Avignon war; er mußte vom Boden Roms, dem altehrwürdigen Sitz der Apostelfürsten aus, an der Spitze eines geeinten Italien und einer befriedeten Christenheit, doch zugleich von Kaiser und Reich wirksam unterstützt, diesen großen Wurf nochmals und erfolgreicher wagen. Nur dann konnte er in etwa gelingen 21). Um dieses Werk, das er mit der Romfahrt der Kurie einzuleiten ge­dachte 22), ausführen zu können, begann der gestrenge Papst sogleich 21) Über des Papstes Pläne, den Sitz der Kurie von Avignon nach Rom zurückzuverlegen, vgl. Johann Peter Kirsch, Die Rückkehr der Päpste Urban V. und Gregor XI. von Avignon nach Rom (Quellen und Forschungen aus dem Gebiete der Geschichte 6, Paderborn 1898) und Eugenio Dupré- Theseider, I papi di Avignone e la questione Romana (Firenze 1939) 122—■ 142. Über die Bestürzung, die schon kurz nach der Thronbesteigung Urbans V. auf Grund der damals kursierenden Gerüchte über eine bevorstehende Rom­fahrt der päpstlichen Kurie unter der Kaufmannschaft von Avignon herrschte, vgl. die Bemerkung im Bericht eines ungenannten Gewährsmannes vom De­zember 1362: Questa fama é tanto cresciuta, che i mercatanti e gli altri quasi niente fanno (Cronache dei secoli XIII e XIV. Documenti di Storia Italiana 6, Firenze 1876, 296). Auch der Name des Papstes Urbanus schien auf die Urbs, auf Rom, hinzuweisen (vgl. Francisci Petrarchae ... opera, qu§ ex­stant omnia, Basileae 1554, 902: Quomodo Urbanus diceris et nominis huius originem fugis?; bzw. Lettere senili VII/1, ed. Fracassetti 1, 394). Zu seinem Namensvetter vgl. Alfons Becker, Papst Urban II. (1088—1099). Teil 1: Her­kunft und kirchliche Laufbahn. Der Papst und die lateinische Christenheit (Schriften der Monumenta Germaniae Historica 19/1, Stuttgart 1964). 22) Vgl. dazu Pirchan 4 ff. und 4* ff. Schon auf die Kunde vom Tode Innocenz' VI. hatte der damalige Abt von Saint-Victor in Marseille einen neuen Papst ersehnt, der an seinen wahren Sitz zurückkehren und Italiens Tyrannen niederwerfen würde (vgl. 3 Anm. 4). Urban V. sprach im Laufe der Jahre immer wieder von desiderium nostrum, prout latet in corde (T h e i n e r, Codex 2, 410 n. 382 vom 23. Mai 1363, gegenüber den Abgesandten der Römer) oder von einem non solum desiderium, sed etiam propositum (Monumenta Vaticana res gestas Bohemicas illustrantia 3, 196 n. 327 vom 23. Mai 1364, gegenüber Kaiser Karl IV.), wenn er auf seine Romfahrt zu sprechen kam. Seit dem November 1365 hatte aber der Papst noch besonderen Grund, über die Beunruhigung Avignons durch die Soldreiter zu klagen; er wünschte daher nichts sehnlicher, als das Volk Roms und Italiens und nicht bloß die Pro- ven?alen durch seine Gegenwart zu erbauen (Petrarca, Lettere senili VII/1, ed. Fracassetti 1, 409 f; bzw. Opera 907). Bezüglich der Soldreiter vgl. Albert S a u t i e r, Papst Urban V. und die Söldnerkompagnien in Italien in den Jahren 1362—1367, Diss. Zürich 1912). Beziehungsvoll gab der Papst dem Gartenflügel, den er im Osten der Papstburg in Avignon hatte errichten lassen, den Namen Roma (vgl. Franciscus E h r 1 e, Historia bibliothecae Roma­norum pontificum tum Bonifatianae tum Avenionensis 1, Romae 1890, 655, 693 und tab. II; dazu auch Petrarca Opera 913: Fama est esse palatii tui partem, quae Roma dicitur, quam ingressus sponsae te reddidisse totumque prorsus implesse Romani pontificis officium videare. Noli cum Domino tuo ludere; Lettere senili ed. Fracassetti 1,429 und P i u r 80 f). Über die ungünstigen Preisverhältnisse in Avignon vgl. Th einer Codex 2, 417 n. 392; sowie Gino

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