Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 19. (1966)
STRNAD, Alfred A.: Pietro Corsinis Legation an den Kaiserhof. Zu den Beziehungen zwischen Reich und Kurie in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts
8 Alfred A. Strnad strengen, schlichten Ordensmannes zu schätzen wußte, in heikler diplomatischer Mission an den wiederversöhnten Erzbischof Giovanni Visconti, den Stadtherrn von Mailand, entsandt worden, dem er dann auch im Herbst 1352 das Vikariat über das reiche Bologna für die Dauer von zwölf Jahren zu übertragen hatte17). Bereits im Februar 1352 17) Vgl. Balmelle 5. Über die erste diplomatische Mission des Abtes unterrichtet Paul Lecacheux, La premiere légation de Guillaume Grimoard en Italie (Mélanges d’Archéologie et d’Histoire 17, 1897) 409—439; sowie Emil Werunsky, Geschichte Kaiser Karls IV. und seiner Zeit 2/2 (Innsbruck 1886) 509. Guillaume Grimoard war damals Abt von Saint-Germain d’Auxerre, wozu er kurz vorher vom Papst ernannt worden war. Sein Reisebegleiter war der Dekan Azzo von Aquileia. — Bologna, das noch im Jahre 1257 vom Reichsoberhaupte als generosa imperii possessio bezeichnet worden war (Julius Ficker, Forschungen zur Reichs- und Rechtsgeschichte Italiens 2, Innsbruck 1869, 448), kam infolge der Verzichtleistung König Rudolfs I. von Habsburg im Sommer 1278 zum Kirchenstaat (ebd. 457). Auf die Vertreibung des Kardinallegaten Bertrand de Pouget, eines Neffen Papst Johannes’XXII., im März 1334 (darüber vgl. Lisetta C i a c c i o, II cardinal legato Beírandó del Poggetto in Bologna. Atti e Memorie della R. Deputazione di Storia Patria per le provincie di Romagna, serie III, vol. 23, 1905, 482—490. Die Fama hielt den Kardinallegaten für einen illegitimen Sohn des Papstes; vgl. Giovanni Vi 11 ani, Historie Florentine, ed. Ludovicus Antonius Muratorius, Rerum Italicarum Scriptores 13, Mediolani 1728, col. 765; bzw. Francesco Petrarca, Sine Nomine 17, ed. Paul P i u r, Petrarcas „Buch ohne Namen“ und die päpstliche Kurie. Ein Beitrag zur Geistesgeschichte der Frührenaissance [Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte, Buchreihe 6, Halle 1925] 223 und 399) folgte in den Jahren 1338/1340 die neuerliche Unterwerfung unter die Herrschaft der Kirche, verbunden mit der päpstlichen Anerkennung des Bankherrn und Doktors der Rechte Taddeo Pepoli, des Hauptes der Scacchesi, als Verweser der Rechte und Güter der römischen Kurie in Stadt und Landgebiet von Bologna (vgl. Augustin T h e i n e r, Codex diplomaticus dominii temporalis sanctae sedis 2, Rome 1862, 40 n. 63 und 69 ff. n. 99). Seine beiden Söhne Giacomo und Giovanni verkauften aber, vom Sendlinge Papst Klemens’VI., Astorge de Durefort, bedrängt, im Oktober 1350 die Stadt an Erzbischof Giovanni Visconti, den Stadtherrn von Mailand, dem schließlich der Papst am 27./28. April 1352 das Vikariat auf die Dauer von zwölf Jahren zugestand (vgl. Näheres darüber bei Werunsky, Geschichte Karls IV. 2/2, 465 ff. und 507; sowie die grundlegende Untersuchung von Albano Sorbelli, La Signoria di Giovanni Visconti a Bologna e le sue relazioni con la Toscana [Biblioteca storica Bolognese 5, Bologna 1901] bes. 27, 63 und 68). Matteo V i 11 a n i weiß zu berichten, der Visconti habe den Frieden mit dem Papsttum durch Bestechung der Gräfin der Turenne Cecilie de Domminges, einer Nichte des Papstes, mit der dieser nach den Berichten von Zeitgenossen unerlaubte Beziehungen unterhielt, erkauft (Cronica lib. Ill, cap. IV, ed. Gherardi Dragomanni in: Collezione di storici e cronisti italiani editi ed inediti 5, Firenze 1846, 208 f. Zur Sache vgl. auch P i u r 376 f. — Über das spätere Schicksal der Stadt vgl. Gustav P i r c h a n, Italien und Kaiser Karl IV. in der Zeit seiner zweiten Romfahrt (Quellen und Forschungen aus dem Gebiete der Geschichte 6, Prag 1930) bes. 11* f. — Zur Persönlichkeit Giovanni Viscontis, der 1290 als Sohn Matteos I. geboren wurde, anfangs Anhänger Kaiser Ludwigs des Bayern und von dessen Papste Nikolaus (V.) mit dem Kardinalspurpur ausgezeichnet, erst spät zu Johannes XXII.