Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 19. (1966)
SPRUNCK, Alphonse: Francisco Bernardo de Quiros, ein spanischer Diplomat im Dienste des Hauses Österreich während des spanischen Erbfolgekrieges
Francisco Bernardo de Quiros, ein spanischer Diplomat 95 sich auch seine Verbündeten gekümmert hatten. Falls Quiros bei den Holländern nicht durchsetzen könne, daß die 400 000 Gulden nach Barcelona gesandt würden, sollte er bei Marlborough und den Generalstaaten dafür eintreten, daß sie verwandt würden für die spanische und wallonische Infanterie, die den Dienst des Herzogs von Anjou für den österreichischen verlassen wollte; für deren Unterhalt sollte er versuchen, noch weitere Mittel zu erlangen. Am 27. August berichtete Quiros dem Erzherzog in einem teilweise chiffrierten Schreiben über seine Verhandlungen mit Marlborough im Lager von Mougies. Außer van der Gote, dem Präsidenten der Rechnungskammer, und Grisper, dem Kanzler von Brabant, mit denen der englische General sehr zufrieden war, hatten die Minister des Staatsrates sich den Befehlen der Delegierten der Seemächte widersetzt, zum Schaden des Erzherzogs. Dieser Widerstand wurde dem Einfluß der Grafen Clairmont und Ursel zugeschrieben, die erst seit zwei Monaten Mitglieder des Staatsrates waren7). Es wäre nötig gewesen, einen neuen Staatsrat zu bilden, in den man aus dem früheren nur van der Gote und Grisper übernommen hätte. Aber Quiros mußte die Ansicht der Holländer darüber erfahren; nach allem, was er schon wußte, sahen diese solche Streitigkeiten nicht ungern. Er hatte Marlborough erklärt, diese Uneinigkeit schade den Interessen des Erzherzogs; zwar könne er mit der vorläufigen Regierung der südlichen Niederlande nicht zufrieden sein, doch könne er sich ihr auch nicht widersetzen, da sie beauftragt sei, die Befehle aus Barcelona auszuführen. Deshalb wollte er sich um die Angelegenheit nicht kümmern und bat nur Marlborough, den Vasallen und Truppen des Erzherzogs eher Unterstützung zu gewähren als den Ministern, jedenfalls jenen gegenüber die Rückstände zu vermindern. Sehr besorgt war Quiros wegen des Hasses der Bevölkerung gegenüber den Holländern, sowohl wegen der Schäden an ihrem Handel, als wegen der Maßnahmen, um sich ihr Land oder wenigstens einen Teil davon untertänig zu machen. Sie hatten den Ständen der Provinzen den Huldigungseid für den Erzherzog verboten8), gleich nach der Besetzung von Flandern und Brabant Garnisonen in die Festungen gelegt und wollten auch die Stadt Menin, und im Fall der Übergabe, auch Lille besetzen. Quiros hatte durch seinen Aufenthalt in Brüssel diese Unzufriedenheit in Schranken gehalten, aber seine Lage wurde durch die allgemeine Entmutigung der Bevölkerung immer schwieriger. Er erklärte dem englischen General, wegen der Einigkeit unter den Verbündeten müsse man zwar vorläufig die gerechten Forderungen des Erzherzogs betreffend die Barriereplätze aufschieben, doch dürfe man den Holländern in so wichtigen Angelegenheiten wie dem Huldigungseid und der Besetzung von Lille nicht nachgeben. Auch eine provisorische Überlassung dieser Stadt an die Holländer hätte unter der Bevölkerung der katholischen Niederlande große Ent-