Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 17/18. (1964/65)

SPRUNCK, Alphonse: Francisco Bernardo de Quiros, ein spanischer Diplomat im Dienste des Hauses Österreich während des spanischen Erbfolgekrieges

42 Alphonse Sprunck ten; dieses Dokument war von Madrid gekommen. Er hielt zwar die Zah­len — 49.000 Mann Infanterie und 17.960 Mann Kavallerie — für über­trieben, doch schrieb er dem Erzherzog am 3. Februar, er habe sie den Holländern und Engländern mitgeteilt, um sie zu rascher und wirksamer Hjilfe zu bestimmen. Am selben Tage übersandte er dem Kaiser die Ab­schrift eines Briefes, den er am 10. Dezember 1706 an Sinzendorf und Zinzerling geschickt hatte. Sinzendorf hatte Quiros am 5. Dezember mit­geteilt, es sei beabsichtigt, ihm die Leitung der Angelegenheiten in Flan­dern zu überlassen; auch Marlborough hatte vorgeschlagen, Quiros im Besitz der Ämter und Würden zu belassen, die König Karl II. ihm über­tragen hatte. Die Angelegenheiten dieses Landes könnten erst nach dem Abschluß der Verhandlungen mit Holland betreffend die Barierreplätze geregelt werden. Sinzendorf hatte Quiros gefragt, ob er bereit sei, die Stelle eines kaiserlichen Gesandten im Haag anzunehmen, wo ein solcher nötig sei, bis definitive Maßnahmen für die katholischen Niederlande getroffen wären. In der Zwischenzeit sollte ein untergeordneter Beamter sich um die flandrischen Angelegenheiten bekümmern. Aber Quiros war der Ansicht, es sei unmöglich, vor ejinem allgemeinen Friedensschluß wegen der Barriereplätze ein Abkommen mit den Hollän­dern zu schließen und augenblicklich gar nicht angebracht, über diese Frage zu verhandeln. Daher müsse auch die vorläufige Verwaltung der katholischen Niederlande weiter bestehen; keiin Minister oder eine andere Persönlichkeit von hohem Range könne in diese eingreifen. Ohne weder den Kaiser noch Marlborough um eine offizielle Stellung zu bitten, hatte Quiros sich damit abgefunden, Österreich in Brüssel Dienste zu leisten. Da er von König Karl II. und dem Erzherzog zum Mitglied dies Staats­rates ernannt worden war, wäre seine Rückkehr nach dem Haag allgemein getadelt worden, falls er nicht, wie vorher, als außerordentlicher Bevoll­mächtigter für allgemeine Friedensverhandlungen dorthin käme. Eine Er­nennung zum gewöhnlichen Gesandten in einer Hauptstadt, wo er vorher an internationalen Verhandlungen teilgenommen hatte, wäre für ihn eine Demütigung gewesen. Nachdem Quiros sich aus Holland zurückgezogen hatte, waren ihm unter König Karl II. mehrmals Stellungen als bevoll­mächtigter Gesandter angeboten worden; er war bereit, für solche Fälle seinen Posten einem untergeordneten Beamten zu überlassen. Aber als gewöhnlicher Gesandter nach dem Haag zu gehen zur Erledigung von Geschäften, die weder zu Besprechungen ipit Marlborough noch mit den Generalstaaten führen konnten, sah er auch als schädlich für das Ansehen des Erzherzogs an. Über die so wichtige Barrierefrage mit den Holländern zu reden, war noch gar nicht angebracht, da die Grenzfestungen, die die Barriere bilden sollten, noch erobert werden mußten. Die für Österreich wichtigen Angelegenheiten, die auch Holland angingen, wurden in Brüs­sel und nicht im Haag geregelt, wo die Anwesenheit von Quiros ganz überflüssig wäre.

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