Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 17/18. (1964/65)

THOMAS, Christiane: Die Bergung der kaiserlichen Kunstschätze und des Archivs 1866

310 Christiane Thomas die Eiserne Krone unbeschädigt erhalten zu haben m). Als am 12. Oktober die Ratifikationsurkunden zwischen Mensdorff-Pouilly und Menabrea aus­gewechselt wurden, wurde letzterem auch die Eiserne Krone überreicht* 112). Mehr als ein halbes Jahr später erinnerte sich die italienische Regierung ihres Versäumnisses und beanspruchte den Krönungskelch, da er den an­deren Kleinodien zugehöre. Als Hüter des ehrwürdigen Symbols wurde der Schatzmeister zur Stellungnahme veranlaßt. Seidl sah keine Ursache, die Erhaltung des Pokals für Wien in besonderer Weise zu verteidigen, da er nur in Verbindung mit der Krone einen „höheren Zweck erfülle“ und fügte seinem Gutachten hinzu, daß der „Verlust dieses interessanten ... auch für die Schatzkammer zu keiner ostensiblen Zierde mehr verwendbaren Inven­tarstückes gewiß minder schwer wiegen dürfte, als die Vortheile, welche durch eine solche Condescendenz vielleicht andererseits zu erringen sein dürften“ 113). So verließ am 28. September 1868 — zwei Jahre nach dem Ende der österreichischen Herrschaft in Italien — auch dieses letzte Zeug­nis einer Verbundenheit beider Territorien die Schatzkammer114). Nachdem am 17. Oktober 1866 dem Stift Klosterneuburg der öster­reichische Erzherzogshut aus der Deponierung in der Schatzkammer re­tourniert worden war 115), blieben die böhmischen Insignien als letzter dem Schatzmeister nur interimistisch anvertrauter Kleinodienbestand in der Wiener Burg zurück. Als im August 1867 die Statthalterei in Prag auf die förmliche und feierliche Rückführung wie im Jahre 1791 drängte, das heißt im Gegensatz zur unauffälligen, ja geheimen Überstellung nach Wien im Mai 1866, sich für eine offizielle, nach den Regeln eines komplizierten Transportzeremoniells abrollende Rückstellung aussprach, verhielt sich das Oberstkämmereramt ablehnend: solche Grundsätze könnten jetzt nicht maßgebend sein; da die Schatzkammer die Hoheitssymbole ohne besondere Feierlichkeit übernommen hätte, sollten sie nun auch in ähnlicher Weise nach Prag zurückkehren. Des Kaisers mündliche Zusage zur Rückgabe trug jedoch der Bitte aus Prag Rechnung. Das Obersthofmeisteramt als Hofzeremoniellbehörde wurde für die Abwicklung der kostspieligen und m) Schka. Fasz. 21, 1868, Nr. 91; OKäA 1866, Rubrik 65/2, Nr. 1297. Lhotsky, S. 534 und Arpad Weixlgärtner, Die weltliche Schatzkammer in Wien, Neue Funde und Forschungen, S. 311 in: Jahrbuch der kunsthistorischen Samm­lungen in Wien, Neue Folge Band 2 (Wien, 1928), führen den 3. Oktober — den Tag der kaiserlichen Entschließung — als Abgabetag an. Nach einem kurzen Aufenthalt in Turin wanderte die Krone am 6. Dezember 1866 nach Monza. Lord Twining, S. 426. 112) Das Staatsarchiv, S. 145. 113) Schka. Fasz. 20, 1867, Nr. 23. 114) Weixlgärtner, S. 311 vermerkt fälschlich den 6. Oktober 1868, an dem Oberstkämmerer Crenneville dem Schatzmeister die Bedeckung für die Abgabe erteilte. Als österreichischer Übergabskommissär fungierte Arneth, der im Bei­sein der italienischen Delegierten, Archivdirektor Gar und Giacomelli, ein Re- zepisse ausstellte. Schka. Fasz. 21, 1868, Nr. 91. — Über das Schicksal der in Wien belassenen lombardo-venetianischen Krönungsinsignien siehe Fillitz, S. 27. 113) OKäA 1866, Rubrik 65/2, Nr. 1031.

Next

/
Thumbnails
Contents