Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 17/18. (1964/65)
THOMAS, Christiane: Die Bergung der kaiserlichen Kunstschätze und des Archivs 1866
Die Bergung der kaiserlichen Kunstschätze und des Archivs 1866 309 sehen Macht zur Dokumentation ihrer Herrschaft geschaffen worden waren104). Im Laufe der zehnten Konferenz (26. September) erfuhr Mena- brea, daß Franz Joseph einwilligen würde, den Titel eines Königs der Lombardei und Yenetiens hinfort nicht mehr zu führen und als sichtbares Zeichen seines Entschlusses die Eiserne Krone zu restituieren105): „Sa Majesté Impériale et Royale Apostolique, voulant donner un nouveau témoignage de son sincere désir de consolider les relations de paix et d’amitié qui doivent désormais subsister entre son Gouvernement et celui de sa Majesté le Roi d’Italie, a résolu... de renoncer ä porter ä l’avenir le titre de Roi de la Lombardié et de la Vénétie. En conséquence de cette résolution, Sa Majesté Impériale et Royale Apostolique a daigné ordonner que l’ancienne et vénérée insigne de la royauté lombarde, la couronne de fer, jadis conservée dans la cathédrale de Monza, fűt remise ä Sa Majesté le Roi d’Italie“ 106). Diese Bestimmung bildete nicht einen Absatz des eigentlichen Friedensvertrages — wie der Artikel über die Archivalienrückstellung — sondern wurde als eigener Zusatzparagraph am 3. Oktober um 12 Uhr gemeinsam mit dem Friedensinstrument von den Bevollmächtigten unterzeichnet107). Unter dem gleichen Datum benachrichtigte Franz Joseph seinen Oberstkämmerer aus Ischl, das Kleinod aus der Verwahrung der Schatzkammer an Außenminister Graf Mensdorff-Pouilly zu überantworten 108), der den Sektionsrat des Ministeriums des k. k. Hauses Freiherrn von Werner zur Übernahme delegierte. Als Termin für den Übergabsakt wurde der 9. Oktober ausersehen. Schnellste Erledigung dieser Angelegenheit war vonnöten, da Menabrea beim Austausch der Ratifikationsurkunden am 10. Oktober das Insigne in Empfang nehmen wollte 109). Eigenartigerweise hatte Italien in seinem Antrag vergessen, den Goldkelch oder „Theodelindenpokal“, das zweite, nicht vom österreichischen Herrscher in Auftrag gegebene Kleinod des Kronschatzes, zu reklamieren. Es liegt auf der Hand, daß man österreichischerseits nicht daran dachte, den Gegner darauf aufmerksam zu machen. Franz Joseph hatte nur von der Rückgabe der Eisernen Krone gesprochen und der Kanzleidirektor des Oberstkämmereramtes, Joseph von Raymond, dessen telegraphische Zusage man in Abwesenheit Auerspergs für die Übergabszeremonie des 9. Oktober einholte, erteilte sein Placet ausdrücklich „für das einzige Stück, welches das allerhöchste Handschreiben benennt“ 110). In Gegenwart mehrerer Zeugen bestätigte Werner am 9. Oktober in der Schatzkammer, — wollte man sie tatsächlich als Krönungsinsigne verwenden — unumgänglich, sie in eine den Maßen des Kopfes entsprechende Karkasse einzubauen. 104) vgl. Fillitz, S. 27 f. 105) Das Staatsarchiv, S. 142. 106) Das Staatsarchiv, S. 132. 107) Das Staatsarchiv, S. 144. 108) OKäA 1866, Rubrik 65/2, Nr. 1287. 109) OKäA 1866, Rubrik 65/2, Nr. 1297. Dieses Datum ist mit 12. Oktober zu berichtigen. 110) OKäA 1866, Rubrik 65/2, Nr. 1297.