Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 17/18. (1964/65)

BLAAS, Richard: Die Anfänge des österreichischen Brasilienhandels

280 Richard Blaas man nicht bereits 1817 in dieser Absicht auf den dortigen Handelsmarkt gezogen? — Die anderen Nationen wie Engländer, Franzosen, Hanseaten, Belgier usw. unterhalten ihre eigenen Häuser in Brasilien und haben ständige Handelsagenten, die mit der Marktlage wohl vertraut sind in Europa unterwegs und haben sich dadurch einen gewaltigen Vorsprung gegenüber den österreichischen Erzeugnissen errungen, die qualitätsmäßig vielleicht viel besser sind, aber nicht zweckentsprechend angeboten werden. Über diese Schwierigkeiten, zu denen noch als ein weiteres wesentliches Hemmnis das Fehlen einer direkten und ständigen Seeverbindung kam, hat sich der österreichische Handelsstand nie hinwegsetzen können und so hal­fen auch die besten Memoires und Ratschläge, die besten Konventionen und Traktate nichts, wenn daraus nicht die nötigen Konsequenzen gezo­gen wurden. Der österreichische Handel mit Brasilien war zwar nicht un­bedeutend, lief aber nie zu seiner möglichen Höchstform auf. Österreich hätte durch ihn sich aktiv in den Welthandel einschalten können. Statt einer Intensivierung des Handels mit Brasilien anzustreben, suchte man in der Folge eine Kompensierung im Handel mit den anderen süd­amerikanischen Staaten zu finden. Es wurde daher wieder der Wunsch laut mit Chile, Argentinien, Peru und Uruguay Handels- und Schiffahrts­verträge abzuschließen. Schon der Commodore der Novara-Expedition hatte ministerielle Vollmachten164 * 166) mit und Vertragsprojekte für Verhandlun­gen, um bei der Rückreise der Fregatte mit den genannten Staaten Handels­verträge abzuschließen. Durch die 1859 notwendig gewordene überstürzte Heimkehr der Fregatte ,65) konnten die Verhandlungen nicht aufgenommen werden. Wie wir schon gesehen haben, reichen die ersten Versuche, mit diesen Staaten Handelsbeziehungen anzuknüpfen bereits in die ersten 30er Jahre zurück und mit Chile war auch bereits 1851 am 10. Mai in Wien durch einen ministeriellen Notenwechsel ein Übereinkommen über die Gleichstellung der Handelsschiffe rücksichtlich der Hafen- und Schiffahrts­gebühren ausgehandelt worden 186), das sich in der Folge auch bewährte, als Chile zu einem ähnlichen Dekret über die Differenzialzölle sich entschloß wie seinerzeit Brasilien. Uruguay stellte 1858 durch seinen Gesandten in Rio de Janeiro selbst offiziell das Ansuchen um Aufnahme von Verhand­lungen zum Abschluß eines Freundschafts- und Handelsvertrages mit Österreich. Das k. k. Handelsministerium stellte in einer Note daher den Antrag, die Republiken Argentinien und Uruguay anzuerkennen, um die 164) Konzept der Vertragsentwürfe für Wüllersdorf in Administrative Re­gistratur F 44/3 in St.K. Brasilien, Fasz. 30. 105) Durch den Ausbruch des Krieges in der Lombardei 1859 war die Rück­kehr der Fregatte unvermeidlich geworden. Sie wurde von Valparaiso direkt nach Triest zurückberufen. 166) Bittner, Staatsverträge a. a. O. nr. 2849 „Österreichische Verordnung mit der Mitteilung eines Übereinkommens mit der chilenischen Regierung über die Gleichstellung der Handelsschiffe rücksichtlich der Hafen- und Schiffahrts­gebühren.

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