Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 17/18. (1964/65)
BLAAS, Richard: Die Anfänge des österreichischen Brasilienhandels
Die Anfänge des österreichischen BrasilienhandeJs 277 mit einer um ein Dritteil höheren Ankergebühr und die in Brasilien eingeführten Waaren mit einem um ein Dritteil höheren Zolle als dem im Zolltarif vom 12. August 1844 festgesetzten Zolle zu rechnen haben“ 157 158). Einen Ausweg aus diesem Dekret über die Einhebung von Differentialzöllen wies der Artikel 4 des genannten Dekretes: „Der Artikel 4 dieses Dekretes nimmt von dieser Zollerhöhung auch die Schiffe jener Nationen aus, von welchen die brasilianischen Schiffe auf dem Fuße ihrer eigenen zugelassen und behandelt werden, selbst wenn mit ihnen bis zum 1. Juli 1848 noch keine Übereinkunft geschlossen wäre, um diese Fortdauer der gleichen Behandlung für eine bestimmte Zeit festzusetzen. Die Ausnahme hört jedoch alsogleich auf, wenn diese Behandlung brasilianischer Schiffe in den fremden Häfen aufhört, auch behält sich die Regierung vor, diese Behandlung aufzuheben, wenn es ihr passend erscheint157). Die Auswirkungen dieser neuen Verordnungen auf den österreichischen Brasilienhandel sind äußerst ungünstig. Zwar besteht hinsichtlich der Warenimporte volle Gleichstellung mit den Nationalen zwischen Österreich und Brasilien, aber die Hafengebühren sind seit dem Erlasse des Guber- niums von Triest Nr. 26.930 vom 8. November 1845 differenziert für österreichische und fremde Schiffe. Im Falle, daß diese Verordnung auch gegen brasilianische Schiffe angewendet wird, steht zu befürchten, daß das Dekret über die Diffentialzölle sich auf die österreichische Schiffahrt, die bis jetzt in sichtlichem Aufschwung begriffen war, sehr nachteilig auswirken wird. Die Demission Saturninos zu Beginn des Jahres 1848, die wegen des Widerstandes des Finanzministers und des Staatsrates, Konventionen mit fremden Mächten abzuschließen, erfolgte, brachte auch eine Vertagung auf unbestimmte Zeit der in Wien geführten Verhandlungen. Die entscheidende Frage für das Inkrafttreten des Dekretes über die Differentialzölle war, ob der Grundsatz, die Flagge deckt die Ware, auch durch dieses Dekret anerkannt wird und so der indirekte Handel davon nicht betroffen wäre. Das Dekret war diesbezüglich nicht klar genug abgefaßt. England, das durch das Dekret am stärksten betroffen gewesen wäre, erzwang zunächst einen Aufschub des Inkrafttretens vom 1. Juli 1848 auf den 1. Jänner 1849, dann auf den 1. Jänner 1850 und schließlich die volle Zurücknahme des Dekretes. Mit Dekret vom 4. Mai 1849 wurde es gänzlich zurückgenommen und widerrufen und der allgemeine Grundsatz aufgestellt, daß im Handelsverkehr mit den fremden Staaten die völlige Reziprozität maßgebend sein solle 15S). Die zwischen Brasilien und Österreich strittigen Fragen waren schon vor diesem Widerruf einer einverständlichen Regelung zugeführt worden, 157) StK. Dipl. Korr. Brasilien, Fasz. 29, Bericht vom 4. Oktober 1847 mit Beilage Decreto nr. 536 do. 1. outubro de 1847 (über die Differenzialzölle). 158) Ebenda, Fasz. 30, Bericht vom 9. Juni 1849 mit Decreto nr. 618 de 4 maio de 1849 revogando o decreto nr. 536 do 1. outubro de 1847 que estabe- leceo direitos differentiaes.