Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 17/18. (1964/65)

BLAAS, Richard: Die Anfänge des österreichischen Brasilienhandels

276 Richard Blaas über die Wegnahme brasilianischer Sklavenschiffe, Frankreich gegenüber bemühte man sich durch einen neuen und befristeten Vertrag, einen Ver­zicht auf die lästigen Articles perpétuels zu erreichen, Österreich gegen­über wandte man stillschweidend die volle Gleichberechtigung mit der meist­begünstigten Nation an, ohne dies jedoch offen zuzugestehen. Diesem etwas anarchischen Zustand suchte Saturnino durch den Abschluß von Verträgen ein Ende zu setzen, weil er aber damit nicht durchdrang, versuchte er, wenigstens zum Abschluß von Spezialkonventionen mit den einzelnen Regie­rungen zu gelangen. Der österreichische Vertreter war dem Abschluß einer solchen Spezial­konvention nicht abgeneigt: „Es ist nur wenig Hoffnung, daß Herr Satur­nino de Souza e Oliveira länger im Amt verbleiben werde als seine Vor­gänger und die Hoffnung ihn durch einen unseren Interessen ebenso gün­stigen Nachfolger ersetzt zu sehen, ist fast noch geringer. Benützen wir nicht diese kurze Zeit, die er aller Wahrscheinlichkeit nach im Ministerium bleiben wird, so laufen wir Gefahr, noch lange in derselben unvorteilhaften Lage zu bleiben, in welcher wir uns jetzt in Brasilien befinden. Es wäre zwar wünschenswert gleich einen förmlichen Handels- und Schiffahrts­vertrag abschließen zu können, da jedoch die Verhältnisse dies für den Augenblick nicht zulassen, so würde die von Herrn Saturnino beabsich­tigte Spezialkonvention uns doch wesentliche Vortheile bieten. In Bezug auf den Mauthtarif sind schon jetzt alle fremden Mächte auf gleichem Fuß behandelt; in Bezug auf die Schiffahrtsabgaben genießen alle Fremden dieselben Rechte wie die Inländer, nur in Bezug der in Brasilien lebenden Fremden räumen die Articles perpétuels des französischen Vertrags den Franzosen eine ausschließlich bevorzugte Behandlung ein und es ist die Absicht des Herrn Saturnino mit der französischen Regierung in Unter­handlungen zu treten und die besagten Articles perpétuels nach den Grund­sätzen zu modifizieren, die in dem Vertrage angenommen wurden, welcher neuerlich zwischen Portugal und Spanien abgeschlossen wurde, uns aber und allen übrigen fremden Mächten durch die Spezialkonventionen, die er beantragt, die Behandlung auf gleichem Fusse mit den Franzosen zu sichern. Nur diejenigen fremden Mächte, die sich weigern, auf besagte Spezial­konventionen einzugehen, oder dieselben nicht abschließen, ehe Herr Satur­nino das Ministerium verläßt, sollen in Zukunft auf demselben Fuße wie bisher behandelt werden“ 15ti). Sonnleithner, der Nachfolger Rechbergs, bemühte sich in Rio de Janeiro um den Abschluß einer solchen Spezialkonvention, um die Auswirkungen der angekündigten Differentialzölle für den österreichischen Handel abzuweh­ren. Mit 1. Oktober 1847 wurde das Dekret über die Differenzialzölle ver­öffentlicht und am 4. Österreich offiziell mitgeteilt, „daß alle Schiffe und Waaren derjenigen Mächte, welche mit Brasilien nicht ein Übereinkommen irgend einer Art treffen oder getroffen haben, vom 1. Juli 1848 angefangen, 156 156) Ebenda. Bericht Rechbergs vom 7. August 1847.

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