Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 17/18. (1964/65)
BLAAS, Richard: Die Anfänge des österreichischen Brasilienhandels
Die Anfänge des österreichischen Brasilienhandels 273 den. Mit dem englischen Handelsvertrag blieb auch der österreichische unerledigt liegen148). Baron Daiser hatte zu Beginn des Jahres 1843 die Bewilligung zur Rückkehr nach Europa erhalten, ihn vertrat bis zur Ankunft des neuen Gesandten Graf Giorgi als Geschäftsträger. Giorgi war nicht in der Lage, die Verhandlungen weiterzuführen, aber er widmete dem Handel und seiner Entwicklung seine Aufmerksamkeit und instruktive Berichte. Der österreichische Brasilienhandel ist nach wie vor stark passiv, d. h. Österreich importiert ungefähr fünfmal soviel aus Brasilien als es dorthin exportiert. Kaffee, Häute, Zucker und Baumwolle sind nach wie vor die wichtigsten Importgüter, während auf der Exportseite nur Mehl eine wichtige Rolle spielt. Aus Giorgis Darstellung wird ersichtlich, daß der österreichische Import aus Brasilien ein recht beachtliches Volumen angenommen hatte, denn Österreich übernahm nicht weniger als ein Drittel der brasilianischen Zuckerproduktion und ein Fünftel der Kaffeerzeugung 149). Daß hingegen die Ausfuhr österreichischer Waren nach Brasilien im Argen lag, war größtenteils Schuld des österreichischen Handels, der sich einfach nicht auf die Erfordernisse des südamerikanischen Marktes umstellen wollte, denn genau so wie im Jahre 1817 und 1827 und 1831 klagte der österreichische Vertreter auch noch 1852: „Wie sehr aber im Interesse unserer Ausfuhr nach Brasilien zu wünschen wäre, daß unser Handel genauer von dem hiesigen höchst bedeutenden Markte unterrichtet wäre, ja, daß, wäre dies der Fall, es uns nicht fehlen könnte, in manchen Artikeln andere Konkurrenz aus dem Felde zu schlagen, darauf habe ich in den früheren Berichten nicht unterlassen dürfen hinzuweisen. Auf feste Ordres österreichische Industrie- und Naturprodukte hierherkommen zu lassen, dazu wird sich der hiesige Handelsmann nicht herbeilassen, solange er diese nicht kennt und der hiesige Markt aus allen Weltteilen auf Konsignation wohl versorgt wird und er insbesondere mit der hohen Stufe unserer Industrie und mit dem Aufschwünge, den sie in dem letzten Jahrzehnte genommen hat, nicht besser als gegenwärtig vertraut sein wird. Erst wenn sich hier österreichische Handelshäuser etablieren, kann diesem Zweige unserer Ausfuhr die Ausdehnung zu teil werden, deren er hier in gesunder Entwicklung fähig ist“ * 15°). Die Verhältnisse haben sich in den kommenden Jahren nicht viel gebessert. Graf Rechberg, der zum Nachfolger des Baron Daiser ernannt worden war, ging mit dem Auftrag 1844 nach Rio de Janeiro, die Handelsvertragsverhandlungen nach Möglichkeit wieder aufzunehmen und die Abschlüsse mit den anderen südamerikanischen Republiken soweit möglich im Auge zu behalten. Das Fehlen einer stabilen staatlichen Ordnung in diesen Staa148) Vgl. Weisung vom 13. Juli 1842 und vom 31. Dezember 1842 und Fasz. 28, Bericht Nr. II vom 20. Februar 1843 und Nr. III vom 22. III. 1843. l4!)) StK. Dipl. Korr. Brasilien, Fasz. 28, Berichte Nr. 10 A ddo. 17. Juli 1843, Nr. 10 B und Nr. 13 ddo. 19. Oktober 1843; Nr. 14 ddo. 22, November 1843. 15°) Ebenda, Fasz. 30, Bericht vom 3. Mai 1852. Mitteilungen, Band 17/18 18