Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 17/18. (1964/65)
BLAAS, Richard: Die Anfänge des österreichischen Brasilienhandels
Die Anfänge des österreichischen Brasilienhandels 271 auch nicht ratsam erscheinen lassen. Peru, Chile und Bolivien sind in sich und untereinander verfeindet, in jedem dieser drei Staaten herrschen mehrere Generäle, die sich untereinander bekriegen, Argentinien wird von Frankreich blockiert und in Montevideo tobt der Bürgerkrieg. Es sind also die denkbar ungünstigsten Voraussetzungen für Verhandlungen; eines aber glaubte der österreichische Vertreter von vornherein klarstellen zu müssen, „keine von allen diesen Regierungen wird in irgend eine Übereinkunft eingehen wollen ohne einer mehr oder weniger förmlichen Anerkennung ihrer Unabhängigkeit, sowie denn auch sämmtliche hiesige Völkerschaften, die Brasilianer mit eingeschlossen, der Abschließung von Traktaten gänzlich entgegen sind“ 145). Diese förmliche Anerkennung wollte man aber in Wien wenigstens vorläufig noch vermeiden. Sofort nach der Beilegung des Streitfalles zwischen Argentinien und Frankreich hatte Daiser mit dem argentinischen Vertreter in Rio, Sarratea, Fühlung aufgenommen. Er erbat sich sofort die nötigen Vollmachten lautend auf die einzelnen Staaten, „worauf diese Regierungen mehr als andere bestehen schon der Eitelkeit wegen, weil solche Dokumente vom Souverain selbst unterzeichnet sind“. Sollte es gelingen, mit Argentinien zu einem Übereinkommen zu gelangen, so dürften die mit den anderen Staaten bald folgen, zumal anläßlich der Krönung Pedros II. Vertreter von allen diesen Staaten in Rio de Janeiro erwartet werden. Auch für Verhandlungen bezüglich eines österreichisch-brasilianischen Handelsvertrages glaubte Daiser den Zeitpunkt für gekommen und einen Abschluß in erreichbarer Nähe, da der neue Vertrag nach der Krönung ja vom Kaiser direkt ratifiziert werden könne und den Kammern nur zur Kenntnisnahme nachgereicht werden müsse 14S). Trotz dieser positiven Aspekte kam aber keines der aufgezählten Projekte zur Ausführung. Baron Daiser, der schon seit längerer Zeit kränkelte, erkrankte 1842 schwer und war in der Folge nicht mehr im Stande, seinen Pflichten voll nachzukommen14“). Auch die österreichisch-brasilianischen Verhandlungen waren ins Stocken geraten, da der englische Handelsvertrag, Modellfall für alle übrigen Verträge, auf ernste Schwierigkeiten gestoßen war. Die schwere Erkrankung Daisers und die Notwendigkeit, ihn abzulösen, bedeutete eine schwere Behinderung der handelspolitischen Gespräche, die gerade in Gang gekommen waren und bei denen nur langjährige Erfahrung auf diesem schwierigem Terrain Erfolg versprach. In Wien war man 1842 bereit, die Unabhängigkeit einer Reihe von südamerikanischen Republiken gegen Abschluß von Handels- und Schiffahrtsverträgen anzuerkennen. Metternich hatte einen Vortrag erstattet, um sich die Sanktion für die Verhandlungen geben zu lassen. Mit kaiserlicher Resolution vom 24. Februar 1842 wurde ihm die Vollmacht erteilt, mit Montevideo, Buenos Ayres, Chile, Peru, Bolivien und Venezuela Unterhand- * 14B) Ebenda, Fasz. 27, Bericht Nr. I. ddo. 15. I. 1841. 14B) Ebenda, Schreiben des Legationssekretärs Gf. Giorgi ddo. 1. Nov. 1842.