Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 17/18. (1964/65)
BLAAS, Richard: Die Anfänge des österreichischen Brasilienhandels
270 Richard Blaas Bolivien, Peru mit einbezog und den Abschluß von Handelsübereinkommen mit diesen Ländern der österreichischen Regierung dringend nahelegte. In Wien schreckte man vor dem Abschluß förmlicher Verträge mit diesen republikanischen Staaten, die natürlich die Anerkennung der Unabhängigkeit und Selbständigkeit in sich schließen müßten, zurück. „Ich stimme daher vollkommen mit der Ansicht der Hofkammer überein“, meinte Metternich in seinem Befehlsschreiben vom 28. Juni 1837, „daß es jetzt an der Zeit wäre, mit einigen der gedachten Freistaaten Übereinkünfte zu treffen, wodurch die österreichische Flagge in ihren Häfen den am meisten begünstigten Nationen gleichgestellt würde. Hiezu ist jedoch keineswegs die Abschließung förmlicher Traktate erforderlich, gegen welche noch manche Bedenken obwalten, sondern es wären vorläufig mit diesen Staaten nur Übereinkommen zu treffen, welche beiden contrahierenden Theilen den diplomatischen Agenten, Konsularbeamten, Untertanen, Schiffen und Waaren beider Staaten wechselseitig bis zum Abschluß förmlicher Verträge, den Schutz, alle Rechte, Privilegien und Freiheiten, von was immer für einer Art zu versichern hätten, welche der am meisten begünstigten Nation eingeräumt sind oder noch eingeräumt werden dürften“ 142 *). Als Muster solcher Konventionen gelten die zwischen Frankreich und Venezuela und Frankreich und Kolumbien abgeschlossenen Übereinkommen. Erwünscht wären solche vorläufige Übereinkünfte mit Uruguay, Argentinien, Chile, Peru und Bolivien. Daiser wird aufgefordert, mit Vertretern dieser Staaten in Rio de Janeiro Fühlung aufzunehmen und auszuforschen, ob sie bereit wären, derartige Abkommen mit Österreich abzuschließen. Dem Wunsche Daisers nach Entsendung eines Kriegsschiffes, auf dem er gerne die einzelnen Staaten bereist und an Ort und Stelle die Verhandlungen geführt hätte, wurde nicht entsprochen. Mit dem Abschluß derartiger Handelskonventionen ist es der österreichischen Regierung ernst; Daiser wird am 15. Oktober 1838 neuerlich in dringlicher Form aufgefordert, diesem Gebiet seine Aufmerksamkeit zuzuwenden, „weil sich nicht nur der Wohlstand der südamerikanischen Republiken, ungeachtet ihrer inneren Unruhen immer mehr entwickelt und der Handel mit denselben von Tag zu Tag zunehmen und gewinnbringender werden wird, sondern auch die österreichische Handelsmarine bei den in der Levante sich für sie immer ungünstiger gestaltenden Verhältnissen, eines neuen Feldes für ihre Tätigkeit dringend bedarf“ 14S). Auf eine neuerliche Mahnung Metternichs vom 25. November 1839 bezüglich der Ausweitung des Handels mit den südamerikanischen Staaten gab Baron Daiser im März 1840 endlich einen Situationsbericht144). Die in den meisten südamerikanischen Staaten herrschenden anarchischen Zustände haben jede engere Fühlungnahme bisher unmöglich gemacht und 142) St.K. Dipl. Korr. Brasilien, Fasz. 25, Weisung vom 28. Juni 1837. 14D Ebenda. 144) Ebenda, Fasz. 26, Weisung vom 25. Nov. 1839 und Bericht Nr. IV vom 24. März 1840 und Nr. VIII vom 14. April 1840.