Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 17/18. (1964/65)
BLAAS, Richard: Die Anfänge des österreichischen Brasilienhandels
Die Anfänge des österreichischen Brasilienhandeis 269 Den Fehlschlag mit dem Handelsvertrag überwand man in Österreich leicht, zumal die ausgehandelte ministerielle Erklärung die wesentlichen Vorteile eines Vertrages dem österreichischen Handel auch weiterhin sicherte. Um dem sich allmählich ausweitenden Handel ein organisatorisches Rückgrat zu geben, war Daiser vor allem am Ausbau des Konsularwesens interessiert. Ihm schwebte eine ähnliche Organisationsform für Südamerika vor, wie sie bereits in der Levante und für den österreichischen Levantehandel bestand. Die Konsulate sollten unmittelbar der Gesandtschaft in Rio de Janeiro unterstellt werden, ähnlich wie in der Levante der Internuntiatur in Konstantinopel, und erst in zweiter Instanz dem zentralen Seegubernium in Triest. Die Konsulatsplätze sollten nicht mit Beamten besetzt werden, das käme zu teuer und entspräche auch nicht dem bisher erreichten Handelsvolumen; es sollte genügen, versierte Handelsleute mit den konsularischen Agenden zu betrauen. Dort, wo keine österreichischen Untertanen für diese Funktion angeworben werden können, sollte man Portugiesen und im spanischen Teil Südamerikas Spanier als Honorarkonsuln wählen. Sie erhalten keinen eigentlichen Gehalt sondern nur die ihnen zustehenden Taxen. Dem Staat erwachsen durch die Anstellung von Honorarkonsuln beinahe keine zusätzlichen Auslagen und dem Honorarkonsul winkt nicht nur der vorteilhafte diplomatische Status, sondern auch die Möglichkeit in Handelssachen Nachrichten aus erster Hand zu bekommen. Der Plan Daisers fand in Wien volle Zustimmung und er besetzte daraufhin alle Hafenplätze mit konsularischen Vertretern; die Einrichtung richtiger Konsulate ist erst in Aussicht genommen, wenn der Handel mit Brasilien ein höheres Maß erreicht hat141). Aber wie alle Provisorien hatte auch dieses ein sehr zähes Leben und dieses System der halbamtlichen und ehrenamtlichen Konsularvertreter ist erhalten geblieben bis zum Ende des brasilianischen Kaiserreiches und wie Berichte der Expedition der Aurora 1884/85 zeigen, wurde das schlechte Funktionieren dieser veralteten Verwaltungsmaschinerie für den späteren Rückgang des Brasilienhandels mit verantwortlich gemacht. Für seine Zeit war Daisers Plan sicherlich ein großer Fortschritt, aber im Verlaufe von 50 Jahren hätte man das Provisorium eben doch in ein funktionsfähiges Definitivum überführen müssen. Sein besonderes Augenmerk richtete Daiser auf die Ausweitung des Brasilienhandels zu einem allgemeinen Südamerikahandel, indem er in seine handelspolitischen Betrachtungen und Anregungen immer deutlicher und unmißverständlicher die neuen Staaten Uruguay, Argentinien, Chile, 141) Zu Daisers Konsulatsplan vgl. Anm. 130 und noch vor ihm Baron Mare- schal vgl. Anm. 125. Über die Vervollständigung des Konsulatswesens in Südamerika vgl. Weisung vom 22. März 1836. „Es unterliegt daher keinem Anstande, daß E. E. von jener Ermächtigung (aus dem Jahre 1828) Gebrauch macht... da sich indessen unsere Handelsverhältnisse mit Brasilien nur allmählich zu einer höheren Bedeutsamkeit entwickeln, so erachtet es die ah. Hofkammer für das Angemessenste den sich anmeldenden Bedürfnissen nach Konsularschutz durch die Erweiterung der bestehenden provisorischen Einrichtungen zu entsprechen“ .