Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 17/18. (1964/65)
BLAAS, Richard: Die Anfänge des österreichischen Brasilienhandels
Die Anfänge des österreichischen Brasilienhandels 259 aller bisher mit Brasilien abgeschlossenen Verträge deklarierte, konnte zur Erklärung dafür, warum die Vorteile der in diesem Vertrag zugestandenen indirekten Verschiffung nicht auch Österreich zugestanden worden waren, nur anführen, daß in Brasilien eben jeder Ministerwechsel auch eine Änderung in den Anschauungen und Prinzipien mit sich bringen könne und was im vorigen Jahr strikte abgelehnt worden sei, sei eben jetzt unbedenklich zugestanden worden118). Die im österreichischen Vertrag verankerte Meistbegünstigungsklausel bot jedoch die Handhabe, die den Hansestädten gewährten Privilegien auch für die österreichischen Seehäfen zu beanspruchen. Eine darauf bezughabende Intervention Mareschals beim brasilianischen Ministerium hatte auch vollen Erfolg116 117). Der Gesandte kam damit einer Weisung der Staatskanzlei vom 21. August 1828 zuvor, die ihn eben auf Grund des nun auch in Wien bekannt gewordenen hanseatischen Vertrages beauftragte, die gleichen Rechte für Österreich zu fordern. Man mußte gerade wegen der relativen Schwäche der österreichischen Handelsflotte auf die Erlangung der Vorteile für die indirekte Verschiffung besonders bedacht sein. „Diese Auslegung“, meinte Metternich hinsichtlich des Vertrages mit den norddeutschen Hafenstädten, „entspricht auch umso mehr unseren Interessen, als die österreichische Schiffahrt auf dem Ocean erst versuchsweise im Beginnen ist und jede Beschränkung selbe im Keime zu ersticken geeignet wäre“ 118). Auch für den österreichischen Handelsvertrag gab es gewisse Anlaufschwierigkeiten zu überwinden. Er war nach dem Austausch der Ratifikationen sowohl in Österreich als auch in Brasilien publiziert worden, aber bis er in allen Teilen des gewaltigen Reiches bekannt und anerkannt war, bedurfte es noch mancher Intervention; so mußte z. B. das österreichische Handelshaus Buscheck in Bahia, übrigens das einzige in ganz Südamerika, die Hilfe der Gesandtschaft in Anspruch nehmen, um den Vertrag gegenüber der Provinzialregierung zur Anerkennung zu bringen. Mareschal erwirkte eine eigene Verordnung der Zentralregierung an alle Länderstellen über die Einhaltung des österreichischen Handelsvertrages119). Fehlende oder fehlerhafte Warenzertifikate führten nicht selten zu Interpretationsschwierigkeiten. Es war daher ein großer Fortschritt, als sich die kaiserlich116) Über die laufenden Handelsvertragsverhandlungen vgl. St.K. Dipl. Korr. Brasilien, Fasz. 16, Berichte Nr. 20 I, 20 K, 20 C/PS. Nr. 22 E und bezüglich des hanseatischen Vertrages Bericht Nr. 32 B ddo. 26. Sept. 1827. „II est autant plus difficile de négocier ici un pareil acte, que ce gouvernement n’a aucun Systeme fixe et que chaque changement de ministére améne un changement de vues et de principes“ . .. Vgl. auch Berichte Nr. 39 B und 38 C vom 30. November 1827. 117) St.K. Dipl. Korr. Brasilien, Fasz. 17, Adm. Bericht Nr. 1 A ddo. 17. III. 1828. 11K) Ebenda. Fasz. 18, Weisung vom 21. August 1828. 11B) Ebenda. Bericht Nr. 30 F ddo. 22. Sept. 1828 und 31 E ddo. 13. Oktober 1828 mit der Ankündigung bezüglich der Verordnung an die Provinzialregierungen. 17*